Meinung Abinoten - Vergleichbarkeit muss neu gedacht werden

Ob immer bessere Abiturnoten zugleich bedeuten, das immer qualifiziertere Abiturienten die Lehranstalten verlassen, darüber streiten sich die Gelehrten seit Jahren. Glaubt man bisweilen allzu schnell und populistisch hinausposaunten Meinungen an Universitäten oder in Unternehmen, die Abiturienten beschäftigen, ist dem nicht so.

Meinung: Abinoten - Vergleichbarkeit muss neu gedacht werden
Foto: Sergej Lepke

Vor allem an den Universitäten ist das Klagen groß: Man müsse, heißt es dort immer wieder, für die Neuankömmlinge einen Aufbaukurs nach dem anderen anbieten, um mit dann im besten Fall vereinbarten Mindeststandards in das weitere Studium gehen zu können.

So kritisch Schule bei der Vermittlung von elementaren Fertigkeiten und Inhalten gesehen werden muss, so einseitig ausgerichtet sind diese Klagen der Universitäten, die ihre Absolventen selbst mit übertrieben guten Noten in Vielzahl am Ende ihrer Studienzeit ins dritte Leben entlassen. Die Notengebung der Schulen wird von den Unis einerseits gerne kritisiert, sie bleibt aber zugleich wie beim Numerus clausus eigentlich alternativlos Maßstab aller Eingangsvoraussetzungen an den Universitäten. Dabei müsste sich dieses Hochschulaufnahme-System um eine ausreichend strikte bundesweite Vergleichbarkeit bemühen. Tut es aber nicht.

Dazu passt der gestrige Vorstoß von Heinz-Peter Meidinger als Präsident des Deutschen Lehrerverbandes: Er will eine bundesweit gemeinsame Abiturprüfung in den Kernfächern Deutsch und Mathematik — und in einer Fremdsprache. Was ein tatsächlich guter erster Schritt hin wäre zur nationalen Vergleichbarkeit und einen faireren Zugang zum Studium.

Denn das ist wirklich ungerecht: Wer in Thüringen zur Schule geht, hat weitaus bessere Chancen auf eine gute Abschlussnote als in Schleswig-Holstein, in Rheinland-Pfalz und, ja, auch als die Schüler in Nordrhein-Westfalen. So sehr auch die Durchschnittsnoten an Rhein und Ruhr in den vergangenen Jahren schon gestiegen sein mögen. Und das alles auf einem Markt, auf dem die Hälfte aller Studiengänge zulassungsbeschränkt ist.

Ob die Lösung deshalb in einer Reform der Studienplatzvergabe oder einer Vereinheitlichung des Abiturs liegt, wie es Meidinger mit seinem Vorschlag anstrebt, muss neu diskutiert werden. Sie liegt aber sicher nicht darin, dass sich die Länder im politischen Wettstreit darum bemühen, Abiturnoten künstlich immer besser ausfallen zu lassen.

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