85. Geburtstag Zero-Künstler Heinz Mack und die Leichtigkeit des Lebens

Dem Zero-Künstler zu seinem 85. Geburtstag. Mit Licht und Farbe wurde er weltbekannt und eroberte die wichtigsten Museen der Welt.

Zero-Künstler Heinz Mack in seinem Atelier in Mönchengladbach vor einem Gemälde. Am Dienstag feiert er seinen 85. Geburtstag.

Zero-Künstler Heinz Mack in seinem Atelier in Mönchengladbach vor einem Gemälde. Am Dienstag feiert er seinen 85. Geburtstag.

Foto: dpa

Mönchengladbach. Heinz Mack feiert am Dienstag seinen 85. Geburtstag fernab von seinem Mönchengladbacher Huppertzhof an seinem Zweitsitz auf Ibiza. Von dort meldet er sich voller Stolz mit zwei Zahlen: „Die großen Zero-Ausstellungen in New York, Berlin, Amsterdam und Istanbul haben rund 690 000 Besucher gesehen. Vergleichen Sie das mit den Abendausstellungen der ersten Jahre, wo anfangs vielleicht 20 Besucher kamen, davon die Hälfte Familienangehörige.“

Der kometenhafte Aufstieg vom zugigen Zimmer unterm Wellblechdach im Düsseldorfer Hinterhof in den 1956er Jahren bis in 120 bestens klimatisierte Museen der Welt ist atemberaubend. Unterm Wellblech war es dunkel. Das fiel nicht so auf, weil die Vernissagen abends waren. Heute kann das Licht nicht hell genug sein für die Kunst des Mönchengladbachers. Selbst im hohen Alter setzt sich der Wirbelwind nicht zur Ruhe.

Heinz Mack ist ein Sonntagskind, 1931 im hessischen Lollar geboren. Der Vater starb im französischen Gefangenenlager, die Mutter konnte die dreiköpfige Restfamilie kaum ernähren. Der Schüler jobbte, um zum Lebensunterhalt beizutragen. Dennoch hatte der Junge seine ersten Erfolgserlebnisse, war der Benjamin beim Abitur auf dem Fichte-Gymnasium in Krefeld und mit 19 Jahren der jüngste Student an der Düsseldorfer Kunstakademie. Der damalige Rektor Heinrich Kamps ehrte den talentierten Studenten mit 300 Mark, meinte aber väterlich: „Mack, werden Sie nie spitze. Spitzen brechen ab.“

Mack wurde spitze. Und mit ihm seine Freunde Otto Piene und Günther Uecker. 1964 zog das Düsseldorfer Dreigestirn im „Panjewägelchen“ ratternd und scheppernd beim Karneval über die Kö, stellte aber gleichzeitig den später berühmten „Zero-Raum“ auf der Kasseler Documenta aus.

Von 1956 bis 1963 war Mack Gymnasiallehrer und protestierte nebenbei gegen die „bürgerliche Welt auf dem Sofa“, vor allem aber gegen die Devise von Konrad Adenauer — „Keine Experimente“. Mack heute: „Ich habe einen Topf mit schwarzer Farbe genommen und das Wort ,Keine’ ausgestrichen. Das war mein Wahlzettel.“

Mack liebt Zufälle. Versehentlich war er auf eine Alufolie getreten, die auf einem Sisalteppich lag. Die Struktur drückte sich durch. Es entstanden Riffelungen auf dem polierten Metall. Und er jubelte: „Ich sah plötzlich, wie sich über dem Relief eine Aura bildete. Das Licht hat das Metall entmaterialisiert.“ Auf der Suche nach diesem Licht zog er 1968 sogar in die Sahara und behauptet rückblickend: „Die Sahara ist der unendliche Raum. Ich wollte eine Welt erschaffen, die weniger korrupt ist als die unsere.“

Seine Kunst ist von einer schier unendlichen Vielfalt aus Stelen, Rotoren, Prismen, Reliefs, Spiegeln, Flügeln, Lichtmaschinen, Lichtkuben und Glasobjekten. Auch die Leuchtkraft der Farben in seinen Bildern gehört dazu. Mack fasst zusammen: „Mein Werk ufert in so viele Himmelsrichtungen aus, dass ich heilfroh bin, wenn ich es überhaupt unter einen Hut bringen kann.“

Zur Architekturbiennale 2014 stellte er neun goldene Pfeiler mit 850 000 Mosaiksteinen am Canal Grande in Venedig auf. Mit den Worten „Meine Skulpturen sind Objekte des Lichts im Raum“ weihte er sie ein. Robert Fleck, Prorektor an der Kunstakademie Düsseldorf und Kurator dieser Schau in Venedig, meinte gar: „Zero ist das europäische Gegenstück zur Pop-Art in den USA.“

Im Kurzinterview mit unserer Zeitung blickt Mack zurück und erklärt: „Die ewige Jugend ist 85 Jahre alt und glücklicherweise gesund, um acht Museumsausstellungen hintereinander zu überleben. Tägliche Gymnastik, viel Bewegung, keine Drogen, kein Nikotin, mäßiges Essen, ein bis zwei Gläser Rotwein am Tag und Disziplin.“

Die Begegnung mit großer Kunst, aber auch sein eigenes Werk würden ihn immer wieder motivieren, „mit dem Erreichten das Unerreichte nicht zu vergessen und anzustreben.“ Er arbeite täglich, auch sonntags. Die Werke werden anschließend sicher in verschiedenen Lagern verstaut.

Zu seinem Alter sagt er: „Ich möchte älter werden, meiner Kunst zuliebe und meiner Familie zuliebe. Und was das Temperament betrifft, so interessiert mich nicht mehr die Höchstgeschwindigkeit meines Jaguars. Und beim Bergaufgehen mache ich manchmal eine kleine Pause.“

Als das Beste in seinem Leben nennt er: „Eine wunderbare Frau zu finden, die ich liebe. Und mit ihr noch einmal eine Tochter zu haben.“ Das Verhältnis zu den einstigen Weggenossen von Zero ist distanzierter: „Freundschaften unter Künstlern sind höchst prekär, aber am Beginn einer Entwicklung unverzichtbar, damit man nicht in Einsamkeit alleine ist.“

Zum eigenen Werk sagt er: „Das Beste ist vielleicht auch, dass mir alle Farben in der Malerei und alle Formen in der Bildhauerei ungehemmt entgegenkommen. Ich habe dann stets die Auswahl.“

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