Theaterpremiere in Bochum: Ohne Worte keine Liebe

Armin Rohde glänzt als Cyrano de Bergerac in Katharina Thalbachs Bochumer Inszenierung.

Bochum. Das Stück ist ein Schmachtfetzen. Und eine Retroshow dazu. Mit Edmond Rostands „Cyrano de Bergerac“ kann das Theater zeigen, was es sich sonst nicht gestattet: ausgedehnte Fechtszenen und pathetische Liebesschwüre. Diese diktiert der langnasige dichtende Titelheld dem hirnlosen Beau Neuvillette, damit der bei der schönen Roxane Eindruck machen kann.

Natürlich ist Cyrano selbst der große Lover, doch er traut sich wegen seines Aussehens nicht — und so ist am Ende alles eitel Entsagung. Natürlich ist die Rolle des Cyrano auch ein Vehikel für einen Star, und der heißt in Bochum Armin Rohde.

Präsentiert er sich zunächst imagegerecht als polterndes Raubein, so malt er den Schmerz über diese soufflierte Liebe wunderbar feinfühlig aus. Berührend, wie er in der Balkonszene dem radebrechenden Neuvillette (Nicola Mastroberardino) die verbalen Liebkosungen zuliefert, dann verkleidet selbst Roxane (Nadja Robiné) anschmachtet und schließlich zusehen muss, wie sie mit dem Gecken ins Bett geht. Wort oder Frau — man weiß nicht, was dieser Cyrano mehr liebt.

Krinolinenröcke, Kniehosen und Stulpenstiefel (Ausstattung: Ezio Toffolutti) sorgen für viel barockes Flair. Und auch sonst lässt es Katharina Thalbachs Inszenierung am Schauspielhaus weder an Sentiment noch Action fehlen.

Die Scherenschnittküche des Meisterkochs Ragueneau (Roland Riebeling) ist ein schöner Einfall wie auch die mehrstufige Siegertreppe mit Punchingbällen für Cyranos Truppe.

Selbstverständlich darf Stings „Roxanne“-Hit nicht fehlen, den Cyrano wild hinbrüllt, um dann mit abgespreizten Fingern Neuvillette als liebestollen HipHoper zu ironisieren. Es wird viel chargiert an diesem Abend, gelegentlich bis zur Groteske . Die Einfälle jagen sich, ein Koch-Rap hier, giggelnde Nonnen dort.

Neuvillette verliert sein Leben in einem Krieg. Erst 14 Jahre später gesteht der sterbende Cyrano seine Liebe endlich der Nonne Roxane. Liebe mag nur ein Wort sein, doch ohne Worte wäre sie nichts. Die leisen Töne fehlen der Inszenierung zwar, dafür bietet sie an Schauwerten alles, was man erwarten darf.

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