Tenor Klaus Florian Vogt: „Ich brauche keinen Schal“

Der Tenor Klaus Florian Vogt gastiert in Köln und spricht übers Fliegen, sein Leben im Wohnmobil und tragische Helden.

Köln. Einer, der auszog, um den Orchestergraben gegen die Bühnenrampe einzutauschen: Schon als 20-jähriger Musikstudent saß Klaus Florian Vogt als Hornist im Orchestergraben der Hamburger Oper. Aber das Singen liegt ihm doch mehr, viel mehr. Heute gehört Vogt (42) zu den führenden Wagner-Sängern zwischen Bayreuth, Met und Scala. Sein „Lohengrin“ ist umjubelt. Anfang Februar gibt der Heldentenor sein einziges Solo-Deutschlandkonzert in der Kölner Philharmonie.

Herr Vogt, Sie hätten auch selbst nach Köln fliegen können, denn Sie haben ein eigenes Flugzeug. Wie oft sind Sie in der Luft?

Vogt: Jährlich im Schnitt 80 bis 100 Stunden. Ich mag es, schnell von einem Ort zum anderen zu kommen. Fliegen ist zudem oft einfacher, als mit dem Auto zu fahren. Und wenn ich das Fliegen mit meinen Auftritten verbinden kann, ist es besonders schön, da meine Flüge einen Sinn bekommen. Ich kurve dann nicht nur einfach herum.

Auf der Straße sind Sie viel im Wohnmobil unterwegs — warum das denn?

Vogt: Ich trenne mich nur wahnsinnig schwer von Zuhause. Da ist das Wohnmobil zumindest ein Stück Heimat, in dem ich mich wohlfühle und meine gewohnten Dinge um mich habe. Ich nehme nur schwer Abschied von meiner Frau und meinen vier Söhnen. Aber es ist ein Opfer, das ich für meinen Beruf bringen muss. Deshalb fliege ich auch. So kann ich zwischen den Proben zumindest für einen Tag nach Hause kommen, um am Familienleben teilzunehmen. Jährlich habe ich 50 bis 60 Konzerte und Opernaufführungen. Das hört sich wenig an, ist aber oft mit wochenlanger Probenarbeit verbunden. Da fühle ich mich dann doch sehr einsam. Nichts gegen Hotels, aber dann bin ich lieber in meinem heimischen Wohnmobil.

Nehmen Sie Ihre Familie mit zu Ihren Aufführungen?

Vogt: Wenn es geht, ja. Sehr schön ist es bei den Bayreuther Festspielen. Da diese in den Sommerferien stattfinden, sind wir dann alle zusammen.

Auf der Bühne sind Sie auch körperlich gefordert. Sind Sie sportlich?

Vogt: Ich jogge, fahre Fahrrad, surfe. Ich bin gerne in der Natur. Und ich muss meinen Körper fit halten. Es geht ja nicht nur um die Stimme, sondern auch um die Kondition, wenn man beispielsweise im „Lohengrin“ in der Hauptrolle stundenlang auf der Bühne agiert. Das geht an die körperliche Substanz. Als Sänger trägt man zudem sein „Instrument“ immer mit sich herum. Die Stimme muss gepflegt werden. Aber da übertreibe ich nicht. Ich trage keine Schals, habe keine Angst vor Zugluft und brauche auch keinen Luftbefeuchter in meiner Garderobe.

Nehmen die Auftritte Sie auch emotional mit?

Vogt: Gerade die aktuelle Bayreuther „Lohengrin“-Inszenierung ist sehr schön, aber anstrengend, weil sehr viel Emotionalität gefordert wird. Da kann man nachher nicht so einfach abschalten. Auf der Bühne muss man in jedem Moment präsent sein, jedes Mal die Geschichte von neuem durchleben, bei jeder Aufführung wieder von vorne denken. Das ist wie ein Pfad, den man laufen muss — und das macht unendlich viel Spaß. Wenn sich da Routine einschleicht, würde ich mir Gedanken machen müssen.

„Helden“ heißt Ihre aktuelle CD, „Helden“ auch Ihr Konzertprogramm in Köln, und auf der Bühne singen Sie Heldenpartien wie Lohengrin oder Siegmund. Was reizt Sie gerade an solchen Rollen?

Vogt: Es sind ja nicht einfach nur Strahlemänner. Gerade in den Wagner-Opern sind die Helden tragische Gestalten, die am Ende scheitern. Das auszuloten ist eine große Herausforderung und auch große künstlerische Erfüllung.

Hätten Sie manchmal nicht Lust, einen Bösewicht zu spielen?

Vogt (lacht): Der Bösewicht liegt nicht so in meiner Natur. Da spiele ich lieber die sympathischen Charaktere. Trotzdem hat das seinen Reiz. Beispielsweise habe ich den Paul in Korngolds „Die tote Stadt“ gesungen. Das ist einer, der am Ende seine Geliebte umbringt. Da ist es sehr spannend, sich in einen Charakter zu versetzen, bei dem man probieren kann, wie weit ein Mensch an seine Grenzen geführt werden und gehen kann.

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