Sarkozy: Camus soll ins Panthéon

Die Familie des 1960 verstorbenen Nobelpreisträgers wehrt sich.

Paris. Die großen französischen Philosophen Voltaire und Jean-Jacques Rousseau haben hier ebenso ihre letzte Ruhestätte wie die berühmten Schriftsteller Victor Hugo und Emile Zola. Nun soll auch Albert Camus Einzug ins Pariser Panthéon halten. Geht es nach Staatspräsident Nicolas Sarkozy, wird der vor fast 50 Jahren tödlich verunglückte Literaturnobelpreisträger Anfang Januar in einem feierlichen

Staatsbegräbnis in Frankreichs nationale Ruhmeshalle überführt. Allerdings stößt der Staatschef mit seinem "Herzensanliegen" auf unerwartete Probleme. Während Camus-Tochter Catherine noch schwankt, lehnt Zwillingsbruder Jean die so genannte "Panthéonisation" des Vaters kategorisch ab.

Die Überführung stehe im Widerspruch zu Camus’ Leben, begründet der Sohn sein Veto. Wie die Zeitung "Le Monde" aus seinem Umfeld in Erfahrung brachte, befürchtet Jean Camus eine "politische Vereinnahmung" des Vaters durch den Präsidenten. Auch Catherine Camus zögert. "Ich weiß nicht", sagte sie dem Radiosender "France International". Einerseits wäre es ein "schönes Symbol", weil sich ihr Vater besonders für diejenigen eingesetzt habe, die keine Stimme hatten. Andererseits habe er Ehrungen und Rummel um seine Person am liebsten gemieden.

Wem gehört also Albert Camus - der Familie oder der Nation? Eine kontrovers geführte Debatte, die auch durch die zuletzt stark gesunkene Popularität des Präsidenten beeinflusst wird. "Camus ist doch keine Rolex", lautet eine zynische Reaktion im Leserforum von "Le Point" - eine Anspielung auf das viel kritisierte "Bling-Bling"-Image von Präsident Sarkozy.

Camus, 1913 in Algerien geboren, schrieb sich mit Werken wie "Der Fremde" und "Die Pest" in den literarischen Olymp. Ein tödlicher Verkehrsunfall am 4. Januar 1960 im Alter von nur 46 Jahren setzte seiner steilen Karriere ein abruptes Ende. Beerdigt ist Camus auf dem Friedhof des Provence-Dörfchens Lourmarin, in das er zwei Jahre zuvor mit seiner zweiten Frau Francine und den beiden Kindern gezogen war.

"Ich bin dafür, Camus in Lourmarin zu lassen, das ist der Ort, von dem er stets geschwärmt hat", sagt Jean Daniel, Camus’ enger Wegbegleiter in jener Zeit und Gründer des Polit-Magazins "Nouvel Observateur". "Das ist kein Anti-Sarkozysmus." Möglicherweise beschreibt Letzteres genau den Kern des Problems. Der Vorschlag an sich ist ideal, aber er kommt möglicherweise zum falschen Zeitpunkt und von der falschen Person.

Um doch noch die Zustimmung der Camus-Kinder zu gewinnen, hat Nicolas Sarkozy seine Beraterin Catherine Pégard zur Unterhändlerin ernannt. Gelingt es ihr, Jean Camus milde zu stimmen, könnte Nicolas Sarkozy dem Beispiel seiner Vorgänger folgen.

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