Richard Geres „Norman“ ist ein tragischer Kauz

Als selbst ernannter Macher hofft Norman Oppenheimer in New York auf den großen Coup. Er will wichtige Geschäftsleute verkuppeln. Der Traum platzt. Der Hollywoodstar agiert in Hochform.

Richard Geres „Norman“ ist ein tragischer Kauz
Foto: Sony

Norman Oppenheimer geht mächtig auf die Nerven, aber zugleich hat man Mitleid mit dem Möchtegern-Geschäftsmann, der sich ständig anbiedert. Ist er ein Betrüger oder nur ein geltungssüchtiger Schwätzer, der als selbst ernannter Macher wichtige Leute für große Deals verbinden will? „Norman“ ist eine komplexe Tragikomödie, mit Richard Gere als jüdischer „Fixer“ in New York perfekt besetzt.

In dieser unglamourösen Rolle meistert der jetzt 68 Jahre alte „Pretty Woman“-Star eine schwierige Gratwanderung. Gere verwandelt sich völlig in diesen seltsamen Kauz, der mit Kamelhaarmantel, grauer Tweed-Kappe und Telefonstöpseln in den Ohren durch die Straßen von Manhattan läuft. Ständig auf der Pirsch nach wichtigen Kontakten, von der Idee besessen, einen großen Coup zu landen.

Der Filmuntertitel „Der bescheidene Aufstieg und tragische Fall eines New Yorker Geschäftsmanns“ verrät es schon — es nimmt kein gutes Ende. Doch zuvor gelingt Norman ein vermeintlich großer Erfolg. Er lernt den Nachwuchspolitiker Micha Eshel aus Israel kennen, den er mit einem sündhaft teuren Geschenk umgarnt — ein paar Schuhe für fast 1200 Dollar. Das zahlt sich wenige Jahre später aus, als Eshel — jetzt Premierminister — sich an seinen spendablen Freund in New York erinnert. Norman steht plötzlich im Rampenlicht und spinnt weitere Geschäfte.

„Norman“ ist der erste englischsprachige Film des israelischen Regisseurs Joseph Cedar, der schon 2007 auf der Berlinale mit seinem eindringlichen Anti-Kriegsfilm „Beaufort“ zum besten Regisseur gekürt wurde. Mit der Vater-Sohn-Komödie „Footnote“ holte er 2011 in Cannes den Drehbuchpreis. Beide Filme waren für den Auslands-Oscar nominiert.

„Footnote“-Hauptdarsteller Lior Ashkenazi glänzt nun in der Rolle des bestechlichen Politikers Micha Eshel. Überhaupt holt Cedar aus seinem internationalen Star-Ensemble ein starke Leistung heraus. Charlotte Gainsbourg ist eine Anwältin, die korrupte Machenschaften untersucht. Steve Buscemi überzeugt als Rabbi, der verzweifelt auf Normans Hilfe setzt. Auch Oppenheimers Neffe (Michael Sheen) klammert sich an die Hoffnung, dass seinem Onkel das große Geschäft gelingt.

Die skurrilen Charaktere mir ihren Neurosen und kleinen Fehlern könnte sich auch Woody Allen ausgedacht haben. Neben Witz setzt Cedar aber auch auf Mitgefühl. Normans Einsamkeit und sein verzweifeltes Geltungsbedürfnis gehen unter die Haut.

Das ist Cedars Regie und Drehbuch aber vor allem Geres Schauspielkunst zuzuschreiben. Hollywoods früherer Leinwandschönling könnte mit dieser uneitlen Rolle vielleicht seine erste Oscar-Nominierung holen. Seine Charakterdarstellung ist „witzig, kompliziert, bewegend und unvergesslich“, lobte etwa das Branchenportal „Deadline.com“.

Mit dem Alter nimmt auch die Bandbreite des Hollywoodstars zu. So spielte er in „Time Out of Mind“ (2014) einen Mann, der in New York langsam in die Obdachlosigkeit abgleitet. Regisseur Oren Moverman setzte Gere dann erneut in dem Thriller „Dinner“ (2017) ein. Darin brilliert er in maßgeschneiderten Anzügen als glatter, ehrgeiziger Politiker, der am Ende mit einem Sinneswandel überrascht. In „Norman“ glaubt man ihm aufs Wort, dass er sich für einen gewieften Macher hält, der nicht untergeht. „Ich bin ein guter Schwimmer“, redet er sich und seinem Neffen ein. „Etwas Gutes wird passieren, vertrau mir“.

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