Publikum stimmt über Lieblingsstück ab

Shakespeare at his best: Das Theaterfest im Neusser Globe hat in diesem Sommer 36 Veranstaltungen im Programm. Am 25. und 26. Juni dürfen die Zuschauer wählen, welches Stück gezeigt wird.

Publikum stimmt über Lieblingsstück ab
Foto: Britt Schilling

Neuss. Es ist fast ein Prolog: Rainer Wiertz könnte gut selbst auf der Bühne stehen und einen wunderbaren Shakespeare-Abend abliefern. Bei der gestrigen Vorstellung des diesjährigen Theaterfestivals erwies sich der Spielleiter wieder als kompetenter Kenner von Shakespeares Werk.

Publikum stimmt über Lieblingsstück ab
Foto: Marianne Menke

Auch im 28. Jahr des Globe-Festes ist Wiertz, der das Festival an der Rennbahn von Beginn an leitet, kein bisschen shakespearemüde. „Es ist der Mut, der in Shakespeares Stücken zu finden ist, die Tiefe und schonungslose Schärfe, die in dieser Eindringlichkeit andernorts vermisst wird“, beschreibt er die ungebrochene Popularität und „Überzeitlichkeit“ des englischen Meisters. „Krisen brechen in geordnete Verhältnisse ein“, erklärt Wiertz das Spezielle. Dieses Ins-Schwanken-Geraten sei eine wichtige Funktion der Texte, die es möglich mache, die gesellschaftlichen Prozesse ins Heute zu verlagern. Daher sei es wenig verwunderlich, dass Shakespeare immer noch der meistgespielte Autor auf deutschen Bühnen sei.

Von 1593 bis 1616 schrieb Shakespeare 37 Historiendramen, Tragödien und Komödien. Zur Eröffnung des Festivals am 7. Juni wird die Bremer Shakespeare Company zwar keinen originären Shakespeare-Text auf die Globe-Bühne bringen, doch „Charles III.“ — ein hypothetisches Königsdrama mit komödiantischen Akzenten — lehnt sich sprachlich und inhaltlich an die Dramen des großen Elisabethaners an.

Das moderne Stück aus der Feder von Mike Bartlett um den britischen Thronfolger, den heutigen „Prince of Wales“, feierte im vergangenen Jahr eine umjubelte deutsche Erstaufführung. Das shakespeareske Werk wurde schon in London beklatscht, die Bremer gewannen für ihre Inszenierung den Monica-Bleibtreu-Preis.

Weiter geht es mit „King Henry V.“, inszeniert von der Shakespeare at the Tobacco Factory aus Bristol. Das Ensemble der Theaterachse Salzburg zeigt einen märchenhaften „Sturm“. Die Shakespeare Company Berlin führt den Kaufmann von Venedig auf („sehr intensiv gespielt“).

Allrounderin Bea von Malchus reist mit ihrem neuen Erzähltheaterprogramm „Queens — You can’t always get what you want!“ an und singt erstmals. „The HandleBards“ aus London demonstrieren, „was die Shakespeare-Stücke alles können und aushalten“.

Die Londoner Company Globe on Tour ist für eine besondere Überraschung gut: Das Ensemble reist gleich mit drei Stücken („Kaufmann von Venedig“, „Der Widerspenstigen Zähmung“ und „Was ihr wollt“) an. Das Publikum darf abstimmen und selbst entscheiden, welches „Lieblingsstück“ gezeigt wird.

Schauspielerin Petra-Janina Schultz und Mellow Melange verbinden Pop, Jazz, Klassik, Soul und Funk. Sie sind erstmals in Neuss zu Gast. Shakespeares Sonette stehen im Mittelpunkt.

Aus Barcelona kommt eine Romeo-und-Julia-Adaption. Rainer Wiertz über die Inszenierung: „Romeo und Julia ist mal mehr, mal weniger schön. Diese Aufführung hier ist besonders berührend.“

In diesem Jahr ist auch eine junge Truppe aus Polen zu Gast. Wiertz ist von der frechen und bockigen „Widerspenstigen Zähmung“ aus Bialystok begeistert.

Noch eine Besonderheit: Am 3. Juli wird das Globe zu zum Kino. Der Stummfilm „Hamlet“ von 1921 mit Asta Nielsen ist im Halbrund zu sehen — untermalt mit Live-Musik von Michael Riessler.

Natürlich ist Patrick Spottiswoode mit seinen Lectures „Shakespeare and the Globe“ auch wieder im Programm.

Die Q-Brothers aus Chicago beschließen das Neusser Theaterfestival mit einem „gerappten“ Shakespeare am 5.,6. und 7. Juli.

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