Konzert On Tour: Fanta Vier machen auf dicke Hose

Beim Konzert in Köln untermauern die Pioniere des deutschen Hip-Hop eindrucksvoll ihren Kultstatus.

Mit ihrem Best-of-Album "Vier und jetzt" auf Tournee: Die Fantastischen Vier mit Michi Beck (v.l.), Thomas D. und Smudo. (Archivfoto)

Mit ihrem Best-of-Album "Vier und jetzt" auf Tournee: Die Fantastischen Vier mit Michi Beck (v.l.), Thomas D. und Smudo. (Archivfoto)

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Köln. Sie waren in den 90er Jahren die Nihilisten des deutschsprachigen Pop. Es ging ihnen um nichts Anderes als um „Die da“ und den „Dicken Pulli“. Sie schenkten der damaligen Jugend jene Frage, die seitdem gefühlt allen Jugendlichen als einzig relevante gilt: „Was geht?“ Sie führten das Genre des Rap ad absurdum, weil sie es gegenüber dem amerikanischen Original entpolitisierten und die ersten seit den Beastie Boys waren, die als Weiße zu Hip-Hop-Beats tanzten.

Und sie wurden zur Blaupause für Rap mit deutschen Texten. Keine Frage: Ohne die Fantastischen Vier würde es in der heutigen Form weder Bushido, noch Sido, die Antilopen Gang, Cro oder Casper geben. Das macht natürlich selbstbewusst. Und genau so treten die Stuttgarter auch auf bei ihrem Tournee-Abschluss in der Kölner Lanxess-Arena: Sie stürmen die Bühne und machen auf ganz dicke Hose.

Das Konzert ist keine Viertelstunde alt, da sind die Riesenhits „Die da“, „Was geht“ und Lass‘ die Sonne rein“ nämlich schon abgehakt und man denkt sich: „Stop! Nun mal langsam jetzt!“ Dann ballern mehrere Konfetti-Kanonen. Und weg sind Thomas D., Smudo, Michi Beck und And.Ypsilon. Schwabengeiz im Rheinland? Natürlich nicht.

Das Quartett, das in Sachen Gesang eigentlich ein Trio ist, weil dieser Andy mit „Ypsilon“ ja nur am Laptop und Keyboard rumfuhrwerkt und mehr Produzent als Musiker ist, nimmt es sich 27 Jahre nach Gründung der Band einfach nur heraus, einen Zugabenblock an den Beginn zu setzen. Schließlich ist bei diesen Durchgeknallten alles möglich. Sogar Zeitverschiebungen: Das Publikum besteht zwar aus Hörern aller Altersklassen. Vom Typen nahe 60 bis zum Kind sind alle dabei. Aber auf einen Konfetti-Kanonenschlag sind alle gleichaltrig und 15.

Die Fantastischen Vier sind eine dieser exklusiv in den 80er und 90er Jahren groß gewordenen Riesenhallen-Kultbands wie die Toten Hosen oder Die Ärzte, die Generationen vereinen und bei deren Konzerten allen immer wieder auffällt, wie viele Songs sie den Menschen tatsächlich geschenkt haben.

Sie dürfen deshalb auch mit Anfang 50 die Buchse noch auf Halb-Acht unterm Hintern tragen, Baseball-Kappen schief auf den Kopf setzen und wie eine Mischung aus Rumpelstilzchen, Schlumpf und Michael Jackson über die Bühne hüpfen. Sie dürfen das außerdem, weil sie sogar eine Halle wie diese größte ihrer Art in Europa zum Zittern und die über 15000 Menschen darin zum Springen und Kreischen und Arme-Hochreißen bringen.

Und auch wenn die Fantastischen Vier mit dem neu vorgestellten Song „Endzeitstimmung“ einen Hauch Politik in die Show bringen und kurzzeitig vom Pfad der reinen Party abweichen: Diese jung gebliebenen Mittelalter-Herren sind der Strohhalm zum Dranklammern, während draußen die Welt durchdreht. Oder wie sie mit dickem Grinsen und schulterzuckend singen: „Es könnte alles so einfach sein… Isses aber nich‘!“

Dass sie am Ende hörbar selber kurz vorm Durchdrehen sind vor Rührung über die grenzenlose Liebe, die ihnen entgegengebracht wird, spricht zudem für Thomas D. und Co.: Sie genießen und lassen genießen. Und überhaupt: „Du hattest gute Zeiten. Du hattest schlechte Zeiten. Und wir war’n mit dabei. Wir werden dich begleiten. Wir bleiben troy!“ Noch nie ist ein letzter Song des Abends wahrer gewesen.

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