Wo steckt eigentlich Paul van Dyk?

Der Musiker gilt weltweit als bester DJ, sein Reisepensum ist beachtlich. Trotz Globetrottertums fand er Zeit für ein neues Album mit namhaften Gastmusikern.

Düsseldorf. In der heutigen Zeit fragt nur selten jemand danach, ob Ruhm verdient ist. Einer wie Paul van Dyk (sprich: Dük) wirkt da beinahe wie aus einer anderen Ära. Der DJ, Remixer und Produzent aus Berlin gehört zu den weltweit erfolgreichsten Vertretern elektronischer Musik. Dass er das ohne Zutun von Boulevard-Zeitungen und Glotze geschafft hat, ist umso erstaunlicher.

Geboren am 16. Dezember 1971 im brandenburgischen Eisenhüttenstadt, zieht er in den 1980er Jahren mit seiner allein erziehenden Mutter nach Ostberlin. Nach der Wende steigt der Newcomer in die aufblühende Technoszene Westberlins ein. Der legendäre Club Tresor wird für den DJ zur Heimat. Zehn Jahre schraubt Paul van Dyk an seiner Vision, lässt Nacht für Nacht die Plattenteller rotieren und schiebt Regler hin und her.

Bis er ihn schließlich gefunden hat: den eigenen Sound, der von der ganzen Welt verstanden werden soll. Es ist eine neue Tanzmusik, einzigartig und berührend, die dem melodiösen Techno zugeordnet wird, eine deep groovende Mischung aus progressiven Trance-Klängen und düsteren Atmosphären.

In den Metropolen der Welt wird der zierliche Deutsche heute als Retter der elektronischen Musik gehandelt: Die Leser des britischen "DJ Mag" wählen ihn mehrmals nacheinander zum populärsten DJ und besten Techno-Produzenten der Welt. 2005 wird er sogar für den weltweit bedeutendsten Musikpreis, den Grammy, nominiert.

Seitdem gönnt er sich keine Atempause mehr. Im vergangenen Jahr hat der DJ an 118 Tagen an über 100 Orten auf der ganzen Welt Platten aufgelegt. Dabei umrundete er 16 Mal die Welt. Das ist mehr als das jährliche Pensum eines Langstreckenpiloten. Um das Marketing kümmert sich Ehefrau Natascha, und manchmal singt sie auch für ihren Mann. Ihr bisher längster gemeinsamer Urlaub dauerte gerade mal zehn Tage - das war die Hochzeitsreise.

Seit 1993 hat er 20 Alben veröffentlicht, darüber hinaus remixt er regelmäßig Songs von internationalen Popstars wie Justin Timberlake, U2, Depeche Mode und Rammstein. Auch das neue Studioalbum "In Between", das am 10. August erscheinen soll, wartet wieder mit spannenden Kollaborationen auf: Jessica Sutta von den Pussycat Dolls, Reamonn-Frontmann Rea Garvey sowie Talking-Heads-Legende David Byrne.

Kurzkritik Aus den Charts sind der Techno und seine beiden Unterformen Trance und Ambient eigentlich weitestgehend verschwunden, was nicht bedeutet, dass das Genre tot ist. Es lebt auf den Tanzflächen weltweit weiter. Aber sich die Tracks als Single zuzulegen, das ist vielen Clubgängern zu umständlich. Paul van Dyks "In Between" trotzt dieser Songmuffeligkeit vieler Technojünger, die sich lieber vom dröhnenden Klangteppich einnehmen lassen, als die Melodie hinter den Elektronikspirenzchen zu goutieren. Seine fein ausgeworfenen Synthienetze lässt er dabei nicht aus dem Blick, spinnt sie zu charismatischen Dance-Tracks, zwar nicht so vertrackt wie bei Daft Punk, aber auch nicht so hupfdohlig wie bei den Kollegen Michael Gray oder Michael Mind.

Highlights Die Kooperation mit Talking-Heads-Frontmann David Byrne, "Fall With Me", ist ein intelligenter Mix aus Avantgarde-Pop und Elektronica. Wen wundert’s! (sg)

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