Wilco: Grenzgänger mit Gitarre

Die großartige Band Wilco schließt ihre Welttournee in Köln mit einem Konzert zum Niederknien.

Köln. Wie ruhig. Wie schön. Jeff Tweedy lässt die Melodie aus seiner akustischen Gitarre perlen. Seine Stimme raunt dazu mit einem leichten Kratzen in der Stimme. Dahingetupfte Pianotöne. Ein schlurfendes Schlagzeug. "One Sunday Morning" eröffnet das Wilco-Konzert im ausverkauften E-Werk in Köln. Ein Zwölf-Minuten-Stück - ruhig, erhaben, vielschichtig. Mit einem Knall endet es - der erste Ton von "Art of Almost", ein Kontrapunkt. Mit einem Schlag ist das aufmerksame Publikum in einer anderen Klangwelt. Grenzen, die Tweedy immer wieder überschreitet.

In Köln endet die Welttour der Band aus Chicago. Nach 14 Monaten. Tweedy und Co. sind in bester Spiellaune. Sie lächeln immer wieder. Und sie zelebrieren die Musik, die vom beschaulichen Country über federnden Indie-Pop bis zu Avantgarde-Rock reicht.Immer wieder setzt die Band Akzente in den Songs, die mal verstören, mal verzaubern - und immer wieder überraschen. Ein einfaches Liedchen wird zum komplexen Soundkonstrukt, in dem sich drei Gitarren beinah poetische Duellle liefern. Eine scheinbar sparsame Beleuchtung - Strahler und Lampions - wird effektvoll eingesetzt.Die Show leuchtet in allen Belangen.

Jeff Tweedy kann auf fünf tolle Mitmusiker bauen. Im Fokus immer wieder Gitarrist Nels Cline, der die E-Gitarre mit Besessenheit bearbeitet: mal verwunschen und in sich gekehrt, mal scheint er mehr unter Strom als sein Instrument zu stehen. Sein fiebriges Gitarrenspiel im sowohl zerbrechlichen als auch rasenden "Imbossible Germany" ist einfach erstaunlich. Ein Höhepunkt: der Song "Via Chicago". Während Tweedy scheinbar unberührt die Akustische schlägt und die Zeilen singt, wird zu den Refrains ein Gewitter entfacht - erst durch das Schlagzeug, später von allen Instrumenten. Nur der Grenzgänger Tweedy hält an der Melodie fest, während um ihn herum ein Unwetter tobt.

Mehr als zwei Stunden liefern Wilco Rockmusik mit Ecken und Kanten - herzzereißend und frenetisch. 25 Songs zum Niederknien.

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