Volksbeat: Nina Hagen ist jetzt Protestsängerin

Berlin (dpa) - Nina Hagen hat eine „nackte Frau“ mitgebracht, sagt sie: ihre Gitarre. Mit der Klampfe sitzt sie auf einem Sperrmüllsofa und gibt erst einmal ein Minikonzert.

„Ich fühl mich nicht mehr wohl / im Europa von Helmut Kohl“, trällert sie am Mittwoch in Berlin den Kameras entgegen. Die Berliner Punk-Lady stellt ihr neues Album „Volksbeat“ vor.

Nach einer sehr erfolgreichen Gospel-Platte und christlichen Pfaden hat sie nun eine neue Berufung für sich entdeckt. „Ich glaube, ich bin Protestsänger.“ Mit schwarzem Mini und Oberteil sieht Nina Hagen für ihre Verhältnisse fast so aus, als ginge sie ins Büro. Allein auf dem Kopf und an den Füßen leuchtet es pink. Die Sängerin möchte nicht immer nur der schrille Pausenclown sein. „Ich bin doch nur ein Mensch.“

Ihre Mutter, Sängerin und Schauspielerin Eva-Maria Hagen (77), sei ihr „Wurzelstock“, sagt sie. „Ich bin quasi bei meiner Mutter in die Lehre gegangen.“ Wenn sich beide mal auf der Bühne fetzten, sollte man das nicht für bare Münze nehmen. Das sei Kabarett.

Hagens Themen kreisen gewohnt bunt durcheinander: Es geht um Bertolt Brecht, die Menschenrechte, Zwangspsychiatrie und sogar um die Facebook-Seite von Angela Merkel, auf der Hagen Beschimpfungen entdeckte.

Wie kam die Musik auf dem neuen Album zusammen? „Höhere Gewalt“, erklärt Hagen. Da gebe es einen guten Geist, und der mache, was er wolle. 2010 feierte die frisch getaufte Christin mit „Personal Jesus“ ein bemerkenswertes Comeback: Es war ihr erfolgreichstes Album seit 1979.

Die neue Platte, die am 11. November erscheint, ist nichts fürs sonntägliche Kaffeekränzchen, sondern kommt mit Punk und Ska daher. Passend dazu stellt Hagen sie nicht wie beim letzten Mal in einer Kirche vor, sondern im Berliner Szene-Restaurant „Kater Holzig“, das seinen Hausbesetzer-Charme sorgsam inszeniert.

„Volksbeat“ klingt schwer nach der jungen Nina Hagen aus den Zeiten von „Unbeschreiblich weiblich“ oder des „TV-Glotzers“. Aber auch Spirituelles („Jesus ist ein Freund von mir“) und Polit-Songs („Wir sind das Volk“) sind dabei. Sie singt gerne auf Deutsch, sagt Hagen, die lange in den USA lebte. Eine Verneigung vor ihrem Ziehvater, dem DDR-Regimekritiker Wolf Biermann, ist die Cover-Version von „Ermutigung“. Das Wort kann man als Quintessenz des Albums verstehen.

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