Tenor Rolando Villazón ist ein Entertainer mit Gold in der Kehle

Der mexikanische Tenor Rolando Villazón begeistert Publikum in der Düsseldorfer Tonhalle.

Strahlt privat und auf der Bühne Lebensfreude pur aus: Ronaldo Villazón.

Strahlt privat und auf der Bühne Lebensfreude pur aus: Ronaldo Villazón.

Foto: Rolf Vennenbernd

Düsseldorf. Er kann mehr als nur schön singen, der mexikanische Tenor Rolando Villazón (45). Er ist Buchautor, Karikaturist, Regisseur und Kulturbotschafter seiner mittelamerikanischen Heimat. Als Sänger stand er in Wien und Salzburg mit Anna Netrebko auf der Bühne, und an der Deutschen Oper am Rhein inszenierte er unlängst Donizettis „Don Pasquale“. Jetzt gastierte er mit einem italienischen Liederabend in der Tonhalle Düsseldorf.

Sein schauspielerisches Talent setzt Villazón auch auf dem Konzertpodium ein. In Gioacchino Rossinis Lied „Mi lagneró tacendo“, wo ein unglücklich Liebender seine Angebetete klagend anredet, spielt Villazón so, als sei er nicht nur deprimiert, sondern auch schon etwas beschwippst, um enthemmt sein Seelenleben auszuschütten. In einem anderen Lied visualisiert er eine Doppelrolle, indem er seine Position vor dem Flügel und auch die Körpersprache mehrmals wechselt.

Ja, Villazón ist sozusagen ein Entertainer mit gold in der Kehle. Ihm gelingt es sogar auf charmante Weise, Leute im Publikum zurechtzuweisen. Ohne pampig zu werden, erklärt er einem Hobby-Filmer, der unausgesetzt sein Smartphone Richtung Podium streckte, wie irritierend der Anblick für die dort ausübenden Künstler sei. Mit beredter Zeichensprache machte er die störende Unsitte nach — und erntete Beifall im Publikum, das sich wohl größtenteils selbst von filmenden Sitznachbarn gestört fühlt.

Musikdramaturgisch war der Abend eine Art italienische Zeitreise von Barockmeistern wie Alessandro Scarlatti bis zum Romantiker Giuseppe Verdi. Für einen Opernsänger, der meistens von einem großen Orchester umschmeichelt wird, ist es eine Herausforderung, sich den Hörern relativ „nackt“ bloß vom Klavier begleitet zu stellen. Kleine Unzulänglichkeiten fallen stärker auf. Auch ein Star wie Villazón hat gelegentliche Durchhänger. Mal wirkt die Stimme nicht ganz frei, mal gerät ein heiserer Ton dazwischen. In höheren Lagen blüht das vokale Material dafür umso prächtiger und glänzender auf. Gesangstechnisch und darstellerisch ist Villazón ohnehin absoluter Profi.

Villazón ist ein notorischer Romantiker. Selbst eine Barockarie wie Giuseppe Giordanis „Caro mio ben“ gibt er mit Schmelz und Expressivität als sei sie von Giacomo Puccini. Mit der kanadischen Pianistin Carrie-Ann Matheson fand der Sänger eine ideale Begleiterin, die sich souverän anpassen konnte. Matheson arbeitet auch als Dirigentin und assistierte bereits Pultstars wie James Levine und Daniel Barenboim.

Das Publikum in der fast ausverkauften Tonhalle spendete reichlich Beifall, applaudierte zum Schluss im Stehen. Das wurde mit mehreren Zugaben belohnt. Eine davon, ein Lied des spanischen Komponisten Manuel de Falla, widmete er den Opfern des Erdbebens in Mexiko. Wortreich beschrieb Villazón das Unglück seiner Landsleute und bat höflich „vielleicht ein oder zehn Euro“ zu spenden oder auf seiner Facebook-Seite ein paar Worte der Anteilnahme zu hinterlassen. Das würde den betroffenen Menschen Mut machen und ihnen zeigen, dass man an sie denkt. Villazón zeigt einmal mehr, dass ihm Musikmachen alleine nicht reicht, eine Tatsache, die ihn als Künstlerpersönlichkeit besonders auszeichnet.

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