Interview Sportfreunde Stiller: "Routine hat keine Chance"

Seit 20 Jahren gibt es die Sportfreunde Stiller. „Sturm & Stille“ ist das siebte Studio Album. Unsere Zeitung sprach mit Schlagzeuger und Sänger Florian Weber.

Rüdiger Linhof (l-r), Florian Weber und Peter Brugger von der Indie-Rock-Gruppe Sportfreunde Stiller.

Rüdiger Linhof (l-r), Florian Weber und Peter Brugger von der Indie-Rock-Gruppe Sportfreunde Stiller.

Foto: Matthias Balk

Die Sportfreunde gibt es nun seit 20 Jahren. Wie fühlt sich das an?

Florian Weber: Unglaublich toll. Bei der Gründung im Februar 1996 hätte keiner auch nur ansatzweise daran geglaubt, was aus diesem Projekt geworden ist. Eigentlich wollten wir auch nur ein Konzert spielen und uns dann wieder auflösen. Aber unser heutiger Manager war damals im Publikum und hat uns motiviert, weiterzumachen.

Gibt es nach 20 Jahren keine Angst, sich zu wiederholen oder die Arbeit zur Routine werden zu lassen?

Weber: Natürlich denkt man schon mal daran. Aber wir erleben derart viele ganz unterschiedliche Dinge vom großen Konzert bis zum irren Videodreh, da hat Routine keine Chance. Das einzige was sich verändert hat, ist die große Aufregung vor den Konzerten. Die ist einer freudigen Erwartung gewichen.

Stichwort Fußball- und Trainingsjacken-Band — wie gehen Sie mit dem Schubladendenken und Vorurteilen um?

Weber: Dabei geht es ja immer um Versuche, das was wir machen, zu beschreiben. Wenn das der Orientierung dient, finde ich es in Ordnung, aber das kann auch echte Panne sein. Das größte Kompliment haben wir einmal von einem renommierten Kritiker bekommen, der gesagt hat, dass wir unseren ganz eigenen Musikstil entwickelt haben. Und was den Fußball angeht, wir können Stadionbesuch privat immer noch voll genießen.

Was hat sich in vergangenen 20 Jahren verändert?

Weber: Wir sind inzwischen alle Familienväter und haben Verantwortung für unsere Liebsten übernommen. Auch die Wahrnehmung der Dinge und die Perspektiven haben sich in 20 Jahren verändert, was sich natürlich auch teilweise in den Texten niederschlägt. Geändert hat sich zudem die Technik, unser erstes Konzert haben wir noch mit dem Fax klargemacht. Das wäre heute undenkbar.

Die Sportfreunde sind dafür bekannt, dass sie Dinge in ihren Songs auf den Punkt bringen und sie nicht verklausulieren. Wie schwer ist das?

Weber: Es ist schwer, Dinge direkt auf den Punkt zu bringen und Emotionen so zu beschreiben, wie sie wirklich sind, oft schwerer als sich hinter intellektuell komplexen Etiketten zu verstecken.

Was fühlt man als Musiker bei den aktuellen politischen Entwicklungen wie der zunehmenden Fremdenfeindlichkeit?


Weber:
Wir sind nicht verängstigt, nehmen aber sehr fokussiert diese Entwicklungen war. Dass es Sorgen und Ängste gibt, ist normal. Aber wenn diese aus niedrigen Beweggründe für Hetze gegen andere Menschen genutzt wird, ist das Schwachsinn. Die Wiedervereinigung war doch ein viel größerer Kraftakt als jetzt die Aufnahme von Flüchtlingen. Und uns geht es doch im Vergleich zu anderen Regionen in der Welt gut.

Wie schlägt sich die Wahrnehmung in den Songtexten nieder?

Weber: Es gibt auf dem aktuellen Album zwei Songs, die sich mit solchen Themen auseinandersetzen. Bei „Zwischen den Welten“ befanden wir uns in einer merkwürdigen Situation: Wir hatten gerade ganz euphorisch am Album im Studio gearbeitet und dann kam die Nachricht von den Anschlägen von Paris, die sich ja auch gegen ein Konzert gerichtet hatten. Das hat uns schockiert und traurig gemacht. Dieses ambivalente Gefühl wollten wir in einem Song festhalten. Bei „Ein Dienstag im April“ wurden fast zeitgleich die Nachrichten von hunderten ertrunkenen Flüchtlingen und die Probleme mit einem Gewehr der Bundeswehr, das nicht schießen kann, verkündet. Das fanden wir so paradox, dass ein Song daraus entstanden ist.

Trotzdem überwiegt ein Grundoptimismus bei den neuen Songs.


Weber: Der steckt in uns drin. Wir sprechen zwar die Dinge an, die schief gehen, aber wir versuchen auch, mögliche Lösungen dafür zu finden. Außerdem beruht der Optimismus auch auf dem was, wir an positiven Gefühlen aus unseren Familien und Freundschaften ziehen können.

Wie wichtig ist die Freundschaft bei Ihnen in der Band?

Weber: Die Freundschaft ist auf jeden Fall der Grund, warum es uns schon 20 Jahre gibt. Sie hat uns durch all die Jahre getragen. Das bedeutet nicht, dass es nie Lagerkoller gegeben hätte. Natürlich treffen auch mal verschiedene Denkansätze aufeinander und man muss sich bei den geschäftlichen Dingen auch als Freunde einig werden. Die Freundschaft selbst wurde aber in all den Jahren nie in Frage gestellt.

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