Siegfried als Depperl - Wagner-Comedy in Bayreuth

Bayreuth (dpa) - Zumindest der Frack musste sein: Aber das war es dann auch schon mit den äußerlichen Respektsbekundungen für Richard Wagner und den etablierten Klassikbetrieb.

„Mnozil Brass“, das bekannte schräge Blechbläserensemble aus Wien, hat in Bayreuth am Sonntagabend die Feierlichkeiten zum 200. Geburtstag des Komponisten Richard Wagner eingeläutet. Und wie: Es war laut, es war schwungvoll, es war komisch.

Das Werk „Hojotoho“ hatte die Stadt Bayreuth eigens in Auftrag gegeben. Den Verantwortlichen war bewusst, dass es nicht um Beweihräucherung, Verklärung und rückhaltlose Bewunderung gehen würde. Auf Augenhöhe werde man sich mit Wagner befassen, hatten die Musiker angekündigt.

Die Akteure von „Mnozil Brass“ sind durch und durch Profis, die sich vor zwei Jahrzehnten beim Stammtisch im Lokal neben der Wiener Universität für Musik zusammengefunden haben und mittlerweile große Konzerthallen füllen. Sie können immer und überall spielen. Ob am Boden liegend, eine Choreografie absolvierend oder während sie sich für ihre Rollen verkleiden. Und sie wissen, was sie tun. Die Mixtur aus Wagner-Klängen, Wagner-Figuren, Wagner-Motiven, Werken anderer Komponisten und Eigenkompositionen ist durchdacht. Auch wenn es manch eingefleischtem Wagnerianer die Nackenhaare aufgestellt haben dürfte. Denn mit Kult am Grünen Hügel hatte das ja alles nichts zu tun.

Stattdessen darf Trompeter Thomas Gansch in die Rolle Richard Wagners schlüpfen und einen eitlen Künstler geben, dem König Ludwig II. den Gral zum Geburtstag serviert. Auch Wotan (Leonhard Paul) tritt auf. Der Göttervater ist gar bitterböse mit Augenklappe. Was „Mnozil Brass“ hier schmettert, ist gewaltig. Der Walkürenritt gleicht da einem lauen Spaziergang. Siegfried (Robert Rother) dagegen ist ein - nun ja - deppertes Kerlchen in Seppl-Hose und Karohemd, der Blockflöte spielt.

Immer wieder klingen bekannte Wagner-Kompositionen an - wie der „Lohengrin“-Brautmarsch, der Pilgerchor aus „Tannhäuser“ oder die „Meistersinger“-Ouvertüre. Doch das sind bloß Zitate und Anspielungen in den Eigenkompositionen und im Crossover mit anderen Stilen - ein simples Abspielen von Wagnerschen Werken, arrangiert für sieben Blechbläser, wäre ja schließlich „Wagner für Arme“ gewesen, haben die Musiker ins Programmheft geschrieben. Für „Hojotoho“ hat „Mnozil Brass“ mit der Choreografin Anne-Marie Gros zusammengearbeitet und mit Philippe Arlaud. Der französische Regisseur hat in Bayreuth auch schon einmal bei den Festspielen den „Tannhäuser“ inszeniert.

Die ungewöhnliche Reise durch den Wagner-Kosmos mit den furiosen Wiener Musikern endet mit lautem Applaus und der Erkenntnis, dass Wagner im Jubiläumsjahr nicht nur Weltschmerz und tiefe Reflexion bieten muss, sondern auch zum Lachen anregen kann. Und für „Mnozil Brass“ geht's jetzt auf Tournee: nach Berlin, München, Luxemburg oder in die Schweiz. Bis Oktober. Wagner ist eben ein ganz großes Thema.

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