Punk-Geburtstag Sex-Pistols-Andenken sollen auf den Scheiterhaufen

London (dpa) - Kann man eine anarchische Subkultur wie den Punk ehren, indem man ihn ins Museum bringt? Nein, findet Joe Corré, Sohn des 2010 verstorbenen Sex-Pistol Managers Malcolm McLaren und der Modeschöpferin Vivienne Westwood (75).

„Punk ist tot“, erklärt er bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in London.

Während Museen, Galerien und Bibliotheken in diesem Jahr das 40-Jahre-Jubiläum der Punk-Hymne „Anarchy in the UK“ der Sex-Pistols feiern, will Corré aus Protest Erinnerungsstücke an die britische Punk-Band verbrennen. Die Sammlung ist Corré zufolge mindestens fünf Millionen Britische Pfund wert (umgerechnet knapp sechs Millionen Euro).

Das Punk-Gedenken zum 40. Geburtstag der einstigen Jugendbewegung in London ist für Corré eine pure Verhöhnung der Punk-Kultur. An diesem Samstag, auf den Tag genau 40 Jahre nach der Veröffentlichung von „Anarchy in the UK“, soll seine Sammlung an Erinnerungsstücken deshalb ein Raub der Flammen werden.

Mit der Sammlung könnte man ein komplettes Museum über die Sex Pistols bestücken: Latexkleider, ein Türgriff mit pinkem Logo „Sex 430“, Test-Schallplatten der ehemaligen Punkband und noch viel mehr. „Ich habe alles behalten“, sagte Joe Corré. „Aber ich werde alles verbrennen.“

Er müsse einfach gegen die Jubiläumsfeier protestieren, sagte er dem „Guardian“, sonst hätten alle nur erzählt, wie „cool“ alles damals gewesen sei, und Menschen, denen die Punk-Ideen weiterhin wichtig seien, hätten sich verraten gefühlt. „Wir leben in einem Zeitalter der Konformität. Diese Klamotten zu verbrennen zeigt, dass wir uns dagegen stellen.“ Anstatt einer Bewegung für Veränderung sei der Punk „zu einem verdammten Museums-Ausstellungsstück verkommen“, klagte er. Dass sogar die Queen ihren „Segen“ für die Konzerte, Ausstellungen, Filme und Diskussionen gegeben hat, sei das „Furchterregendste“, was Corré je gehört habe.

Beim Buckingham Palast weiß man derweil nichts von einer offiziellen Unterstützung der Jubiläumsfeierlichkeiten durch die Queen. Im Musikmagazin „NME“ schränkte Corré ein: „Ich sage nicht, dass die Queen persönlich was damit zu tun hat, das weiß ich nicht. Wenn ich von der Queen spreche, dann meine ich das Establishment.“

Alles andere wäre eine große Überraschung gewesen, machten die Sex Pistols nicht zuletzt mit Provokationen gegenüber dem britischen Königshaus Furore. In ihrem 1977 veröffentlichten Song „God Save the Queen“ unterstellten sie der Queen, sie führe ein „faschistisches Regime“ und hinterfragten, ob sie überhaupt menschlich sei.

Gesponsert werden die Events jedenfalls mit 99 000 Pfund (116 000 Euro) aus Einnahmen von Lotterielos-Verkäufen, dem Heritage Lottery Fund, der vor allem Projekte zur Förderung des Kulturerbes unterstützt. Auch der Londoner Bürgermeister sicherte seine Unterstützung zu.

Corré findet das scheinheilig, wie er „NME“ sagte: „Es wird vergessen, dass die Leute in den 1970ern Punkrocker gehasst haben - sie waren der Staatsfeind Nummer eins. Als ich ein kleines Kind war, haben mir erwachsene Männer ins Gesicht gespuckt, weil ich mich wie ein Punkrocker angezogen habe.“

Kritiker werfen Corré vor, er handle in pubertärer Zerstörungswut und Sucht nach Aufmerksamkeit. Er solle die Sammlung lieber zugunsten eines guten Zwecks verkaufen, anstatt sie zu verbrennen, riet eine „Guardian“-Autorin. Ganz unzugänglich war Corré der Kritik gegenüber nicht. Berichten zufolge versuchte er, eine Test-Schallplatte auf Ebay zu verkaufen. Weil die Gebote aber nicht wie erhofft eine Million Britische Pfund erreichten, verbrannte sie Corré Anfang der Woche schon einmal als Vorgeschmack auf die Aktion am Samstag. Sein Vater würde die Verbrennung unterstützen, glaubt Corré. Seine Mutter, Vivienne Westwood, werde dabei sein und sich selbst äußern, kündigte er an.

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