Rosenstolz: Nicht nur Lieder über Liebe

Die Band erklärt, warum sie auf ihrem neuen Album auch über den Tod singen.

Hamburg. Anna Rosenbaum alias AnNa R., 39, und Peter Plate , 41, sind Rosenstolz. Die Sängerin aus Ost-Berlin und der Songschreiber aus dem niedersächsischen Goslar lernten sich 1991 kennen. Seitdem haben sie elf Alben veröffentlicht und sind hierzulande eine der erfolgreichsten deutschen Bands.

Plate: Ich denke schon. Es war aber nicht der Plan, dass wir als Menschen um die 40 jetzt mal ernsthafte Texte machen müssen. Das ist einfach passiert. Es macht wenig Sinn, krampfhaft zu versuchen, wie ein 25-Jähriger zu schreiben. Alles fing an mit dem Lied "An einem Morgen im April" über die Mutter meines Lebensgefährten und Kreativpartners Ulf. Elke ist während der letzten Tournee gestorben. Das Lied ist so traurig geworden, es konnte unmöglich für sich allein stehen bleiben.

AnNaR.: Ich glaube schon, dass Elkes Tod für uns ein kleines bisschen erträglicher wurde, indem wir uns musikalisch von ihr verabschiedet haben. Zumal Ulf nicht die Möglichkeit hatte, sich von seiner Mutter persönlich zu verabschieden. Es ist sehr wichtig, sich den Tod vorstellbar zu machen. Auch wurde ich mir meiner eigenen Endlichkeit bewusst. Natürlich war mir schon vorher klar, dass dauernd gestorben wird. Aber man setzt sich nicht wirklich damit auseinander. Das musste ich jetzt aber tun.

AnNaR.: Ich gebe mir zumindest Mühe und versuche, mich nicht mehr über Lappalien aufzuregen und mir dadurch den ganzen Tag zu verderben. Die Sonne scheint, draußen sind lauter fröhliche Menschen. Warum sollte man da nicht mitmachen? Es kommt jetzt häufiger vor, dass wir einfach mal einen Tag frei machen.

Plate: Ich bin sehr lebensbejahend und versuche, das musikalisch auszudrücken. Während solch einer Trauerphase stellt man irgendwann fest, wie toll das Leben eigentlich ist: Man rückt näher zusammen und erkennt, wie wertvoll Freundschaften sind. Plötzlich fragt man sich: Was kann ich tun, damit ich im Leben weniger Zeit verplempere?

Plate: Bei dem "Herz"-Album sind wir noch sehr offensiv mit dem Wort "Liebe" umgegangen. Beim "Großen Leben" wurde es schon weniger. Diesmal hatten wir das Gefühl, es einstellen zu müssen. Mit dem Thema "Liebe" ist jetzt für ein paar Jahre Schluss.

Plate: Es wäre gelogen, zu behaupten, wir haben auf der neuen Platte zwölf autobiografische Lieder. Dann müssten wir uns ja einen Strick nehmen. (lacht). Das erträgt kein einzelner Mensch. Als Texter muss man viel Fantasie haben und sich in Situationen hineindenken, die Freunden passiert sind. Mir hilft es immer, mich an meine erste große Liebe zu erinnern. Diese Gefühle ändern sich ja nicht. Darüber könnte man sicher noch tausend Lieder schreiben.

AnNaR.: Das ist wirklich eine Frage des Älterwerdens. Die Sichtweise auf diese Probleme innerhalb einer Beziehung verändert sich mit der Zeit. Auch die Gefühle bleiben nicht immer gleich. Auf diese Weise bleibt das Thema relativ unerschöpflich und beim Songmachen erfahre ich oft etwas Neues über mich selbst.

AnNaR.: Sicher gibt es auch bei uns Situationen, in denen man nicht gut aufeinander zu sprechen ist. Aber inzwischen kennen wir uns so gut, dass wir sofort sehen, wenn dem anderen etwas gegen den Strich geht. Also lässt man ihn ein bisschen in Ruhe. Wir müssen nicht 24 Stunden zusammenglucken, weil wir ach so gute Freunde sind. Lieber lassen wir uns unsere privaten Freiräume, so dass man sich erst gar nicht auf die Nerven geht. Das hat uns am Ende gerettet und dafür gesorgt, dass unsere Bandbeziehung überhaupt nicht fragil ist.

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