Premiere für Brecht und Weill: „Mahagonny“ in Wien

Wien (dpa) - Alles ist erlaubt, außer einer leeren Geldbörse: In dem Werk „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ gießen Bert Brecht und Kurt Weill ihre Kapitalismuskritik in die Form der großen Oper.

Am noblen Wiener Opernhaus an der Ringstraße ist das Stück am Dienstag (24. Januar) erstmals zu erleben - in hochkarätiger Besetzung mit Angelika Kirchschlager, Elisabeth Kulman und Dirigent Ingo Metzmacher. Eine „Flucht aus der Traviata-Welt“ nennt es Operndirektor Dominique Meyer im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.

Der aus Frankreich stammende Kulturmanager hat sich vorgenommen, das Repertoire am Hause auszuweiten. Teil dieses Projektes ist nun die Erstaufführung von „Mahagonny“. Für den Hausherrn gehört die Oper zu den Stücken, die den Blick auf wichtige Entwicklungen in der Gesellschaft öffnen. Und das Programm beschreibt die Komposition als zentrales Werk der späten 1920er Jahre.

Meyer will darin jedenfalls kein Risiko sehen. Einwände, das Wiener Publikum gelte als konservativ, lässt er nicht gelten: Niemand habe sich über die Aufnahme des Stücks in den Spielplan beschwert, der Vorverkauf laufe gut: „Es ist nur die Frage, ob wir zu 98 oder 99 Prozent ausverkauft sind.“

Der französische Regisseur Jerome Deschamps hat bereits angekündigt, Brecht und seinem Konzept des epischen Theaters treuzubleiben. „Ich habe viel Respekt vor diesem Projekt von Brecht und Weill“, sagte er der Nachrichtenagentur APA. „Gerade hier, wo man das Stück wohl für zu jüdisch und zu bolschewikisch gehalten hat, wird es endlich gespielt“.

Das nicht gerade häufig aufgeführte Werk, bei dessen Uraufführung 1930 in Leipzig die Nationalsozialisten Tumulte im Zuschauerraum anzettelten, an der renommierten Bühne der österreichischen Hauptstadt - der Leiter des Brechtfestivals in Augsburg, Joachim Lang, findet das schlichtweg „toll“. Der dpa sagte Lang: „Der Brecht der späten 1920er Jahre war ein großer Erneuerer, und "Mahagonny" ist eines der wichtigsten Stücke“.

Solche Inszenierungen an bedeutenden Bühnen bereicherten die Diskussion um den Stellenwert gesellschaftskritisch engagierter Dichtung. Diese Auseinandersetzung werde vom Theaterpublikum nach wie vor engagiert geführt: „Das Feuilleton zeigt vielleicht eine gewisse Brecht-Müdigkeit, aber sicher nicht das Publikum“.

Die Wiener Operninszenierung fällt zeitlich zusammen mit zwei aktuellen Interpretationen der „Dreigroschenoper“ am Volkstheater Wien und am Theater Graz. Doch für Direktor Meyer ist das kein Zeichen für eine neue Brecht-Hochkonjunktur, sondern schlichte Bestätigung: „Ich glaube, dass Brecht und Weill einfach ihren Platz gefunden haben“.

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