Pop-Sängerin Nazanin: Der junge Iran kommt

Die Exil-Iranerin Nazanin kämpft als Musikerin für die Menschenrechte in ihrem Land. Die CD „Someday“ ist gerade erschienen.

Frau Nazanin, Sie haben als Model gearbeitet und waren "Miss Canada”. Wie gehen Sie mit den Vorurteilen mancher Leute um, dass schöne Menschen sich nicht mit ernsthaften Themen beschäftigen können?<strong>Nazanin: Ich habe schon vor meiner Modelkarriere als Menschenrechtsaktivistin gearbeitet und mein Diplom an der Uni gemacht. Um den Titel der "Miss Canada" habe ich mich beworben, weil ich mir durch ihn erhofft habe, mehr Gehör für meine Arbeit für die Menschen im Iran zu finden. Bei Vorträgen musste ich dann aber registrieren, dass doch einige Leute auf einmal tuschelten. Das hörte aber schnell auf, als sie gehört haben, was ich ihnen zu sagen habe. Mittlerweile hat Ihre Stimme ja auch beim kanadischen Parlament Gewicht gefunden?Nazanin: Ja, ich habe dort über die Menschenrechte im Iran gesprochen. Die Regierung weiß, dass ich über enge Kontakte verfüge und wollte von mir wissen, wie Kanada helfen kann. Ich wurde auch schon von der Europäischen Union zu einer Frauenrechts-Konferenz eingeladen. Bekannt wurden Sie durch ihr Engagement für die von der Todesstrafe bedrohte 18-jährige Nazanin Mahabad Fatehi. Wie sind Sie auf ihren Fall gestoßen?Nazanin: Das war eher ein Zufall, weil jemand, der mehr über ihr Schicksal wissen wollte, bei Google gesucht hat und dabei auf mich gestoßen ist. Ich habe dann begonnen, Unterschriften zu sammeln, um eine Petition gegen das Todesurteil einbringen zu können. Mittlerweile ist meine Nazanin wieder frei und hegt den Wunsch, Anwältin zu werden, um anderen Inhaftierten im Iran helfen zu können. Wie gehen Sie mit Bedrohungen aus fundamentalistischen Kreisen um?Nazanin: Ich nehme das ernst und weiß, dass ich vorsichtig sein muss. Heute war ich bei der Eröffnung einer Ausstellung zum Thema Iran und musste mich von einem Leibwächter begleiten lassen. Aber ich weiß auch, was die Menschen im Iran mitmachen und dass ich hier eine freie Stimme habe. Daher lasse ich mich von den Drohungen nicht abschrecken und werde weiter für die Menschenrechte eintreten. Wie kam es dazu, dass Sie nun auch noch als Musikerin arbeiten?Nazanin: Ich bin in einer Familie aufgewachsen, in der Musik immer eine große Rolle gespielt hat. Und da ich mir bewusst bin, dass Musik als Sprache mir einen direkteren Zugang zu den Menschen ermöglicht, habe ich mich entschlossen, eine CD aufzunehmen. Daneben ist die Musik für mich auch eine Art Zufluchtsort, wo ich mich zurückziehen und entspannen kann. Der Song "Someday" ist Ihr Lieblingslied auf dem Album. Warum?Nazanin: Das Stück ist sehr emotional, weil es von der Flucht meiner Familie aus dem Iran handelt und gleichzeitig jeden Menschen betrifft, der in seinem Leben vor dem Regime flüchten muss. Ich will den Leuten wieder Hoffnung machen, dass irgendwann ein friedlicher Weg gefunden wird, um den Iran wieder in eine Demokratie zu verwandeln. Wie groß sind Ihre Erwartungen, dass dies passieren wird?Nazanin: Dazu muss man nur die Bevölkerungsstruktur im Iran betrachten. 70 Prozent der Leute sind unter 30 und diese Jugend wuchs mit dem Internet auf und ist sich ihrer Rechte durchaus bewusst. Sie ist stark westlich orientiert, was ich an den mehr als 1000 Mails sehe, die mich täglich aus dem Iran erreichen. Die alten Leute, die jetzt in der Regierung oder im Klerus sitzen, repräsentieren in keiner Weise die Bevölkerung. Sie werden sterben und eine demokratische Jugend wird nachrücken. Dazu braucht sie aber die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft. Was sind Ihre nächsten Projekte?Nazanin: Ich werde mich jetzt natürlich verstärkt um meine Musik kümmern, aber auch eine aktuelle Kampagne gegen die Hinrichtung von Minderjährigen im Iran starten.

Nazanin

Kindheit: 1979 in Iran geboren, flieht die Familie während der Revolution nach Kanada. Mit 17 erwirbt sie den Pilotenschein.

Ausbildung: Studium der Politikwissenschaften und Internationalen Beziehungen; arbeitet als Schauspielerin und Model.

Kampagnen: 2006 bewahrt sie Nazadin Mahabad Fatehi (18) vor dem Tod. Derzeit Kampagne gegen Kindererschießungen.

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