Pop: Robbie Williams - Auf der Suche nach sich selbst

Robbie Williams legt nach langer Pause ein gefälliges und vorhersehbares Pop-Album vor, das nach allem klingt – nur nicht nach ihm.

Düsseldorf. Eigentlich sind es nur drei Jahre gewesen, die Robbie Williams sich seinen Fans vorenthalten hat. Gefühlt nahm diese Pause allerdings monumentale Ausmaße an, weil er vorher mit einem neuen Album pro Jahr dauerpräsent war.

2006 verhallte dieses Sperrfeuer plötzlich. Mit dem überproduzierten Album "Rudebox" machte er einen auf Avantgarde-Popper und scheiterte genauso grandios wie er zuvor erfolgreich war. Was kam, war trübes B-Promi-Dasein: Sucht, Entzug und Verfettung.

Die Meldung zu Beginn dieses Jahres, dass Williams doch zurückkehre, löste statt der früher üblichen Robbie-Hysterie erstmal Skepsis aus. Besinnt er sich auf alte Stärken? Und wenn ja: Hat er dazu überhaupt noch die Kraft?

Nun, letzteres wohl nicht ganz, denn auf Konzerte will Williams erstmal verzichten - das Lampenfieber bringe ihn um, sagt er. Wahrscheinlicher ist aber, dass er die gerade erst entdeckte Ordnung in seinem Leben nicht wieder gegen das von Groupies und Drogen bewährte Tourleben austauschen will.

Und das, obwohl er von sich sagt, er schreibe die besten Songs, wenn er ganz unten war. Eben dort war er aber wohl nicht, als sein neues Album entstand, denn der großartige, leichtfüßige und rotzfreche Pop bleibt auf "Reality Killed The Video Star" aus. Der Titel ist eine Hommage an seinen Produzenten, den umtriebigen Trevor Horn, der 1979 mit dem hymnischen Elektronik-Gassenhauer "Video Killed The Radiostar" einen weltweiten Großerfolg einfuhr.

Nun wird also der Killer von einst zum Opfer von heute, und schuld daran ist der Wunsch der Massen nach Authentizität. Oder zumindest nach dem, was sie dafür halten. Und darin war Williams schon immer eine Wucht: der Welt vorzugaukeln, er sei tatsächlich dieser traurige Clown und geniale Unterhalter, den er auf der Bühne gibt.

Fehlt diesmal nur der entsprechende Soundtrack, denn die zwölf neuen Titel wollen so bemüht jedes erdenkliche Konsens-Pop-Genre bedienen, dass man sie genauso nebenwirkungsfrei weghören kann wie eine Nachmittagsstunde auf einem Formatradiokanal.

Mal klingt Williams nach George Michaels unterkühlter Barsoul-Phase Mitte der 90er ("Starstruck"), dann wieder nach den frühen Pet Shop Boys ("Difficult For Weirdos") oder auch einfach nur nach aufgekratztem Petticoat-Pop ("You Know Me"). Das ist eingängig, teilweise sogar mitreißend, insgesamt bleibt das Album aber vorhersehbar und verwaschen.

Am meisten scheitert Williams, wenn er seinen einstigen Geniestreichen wie "Come Undone" nacheifert. "Superblind" ist da das traurigste Beispiel. Mit dem Potenzial zur großkotzigen Stargeste baut der Song sich auf, um dann ohne eine Idee für einen gefühligen Abschluss mutlos zu versuppen. Es steckt viel Pop in diesem Album, aber leider wenig Robbie.

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