Peter Gabriel - Zwischen Genie und Affenmusik

Der Ausnahme-Künstler Peter Gabriel wird Samstag 60 Jahre alt. Heute erscheint ein neues Album.

Düsseldorf. Peter Gabriel ist ein Gesamtkunstwerk. Er nimmt nicht einfach seine Alben auf und geht dann auf Tournee.

Neben seinen regulären CD-Veröffentlichungen steckt er viel Zeit und Energie in Weltmusik (er hat eine eigene Plattenfirma gegründet, um die Musik besser in westliche Kulturkreise zu integrieren), plant stets diverse Nebenprojekte mit anderen Künstlern und versucht auch schon mal, Affen das Klavierspielen beizubringen.

Gerne verzettelt er sich dabei ein bisschen mit seinen Zeitplänen.Gabriel macht es den Bewunderern seiner Musik nicht gerade einfach. Erst verließ er die Band Genesis nach den wegweisenden Alben "Selling England by the Pound" und "The Lamb Lies Down on Broadway".

Und während seine ersten fünf Solo-Alben ("I"-"IV" und "So") noch zwischen 1977 und 1986 erschienen, was in etwa der normalen Produktivität entspricht, die seitens der Musik-Industrie von ihren Größen gewünscht wird, hat er seither gerade mal zwei Studio-Alben nachgelegt ("Us", 1992 und "Up", 2002).

Das neue Album, das am Freitag, einen Tag vor Peter Gabriels 60.Geburtstag am 13. Februar erscheint, ist wieder eines seiner Seiten-Projekte: "Scratch my Back - I’ll Scratch Yours" (etwa: "Eine Hand wäscht die andere") enthält "nur" Neuinterpretationen der Werke anderer Musiker (siehe Kasten).

Peter Gabriel live ist dagegen ein Erlebnis, zu dem man häufiger Gelegenheit hat. Das gehört zu den erhebenden Konzert-Erfahrungen, seine Auftritte sind perfekte Inszenierungen. Bei der Tour zu "Up" etwa fuhr er Fahrrad auf einer Bühne, die sich gegen die eigene Fahrtrichtung drehte, was die perfekte Visualisierung seines Songs "Solsbury Hill" war.

Er steckte sich zu "Sledgehammer", seinem erfolgreichsten Hit, in einen Glühbirnen-Anzug und inszenierte sich bei "Games without Frontiers" als Feldherr auf einem Streitwagen. Die Zuschauer jubelten ihm zu. Dass Gabriel dieses Bild zu einem Song wählte, der den Krieg als idiotisches Spiel von Kindern ironisiert ("Adolf zündet Bücher an, Enrico macht auch mit"), zeigt seine intellektuelle Fallhöhe.

Nebenbei engagiert er sich unter anderem für die Menschenrechts-Organisation "Amnesty International". Sein Song "Biko" über den südafrikanischen Bürgerrechtler Stephen Biko, der im Apartheids-Regime an den Folgen polizeilicher Folter starb, ist ein beeindruckendes politisches Werk ("Die Welt da draußen ist schwarz-weiß, nur eine Farbe ist tot"). Gabriel kann sehr ernst und sehr überzeugend sein.

Doch auch das Persönliche und Emotionale liegt ihm. Tochter Melanie (34) begleitet ihn als Sängerin auf seinen Tourneen, Anna (36) drehte einen Dokumentarfilm über die "Growing up"- Tour; und Gabriel spricht gerne auf der Bühne über seine Familie (er hat außerdem zwei kleine Söhne mit seiner zweiten Ehefrau). Oder er bekennt auf seiner Internetseite, dass er dort sein "Innerstes nach außen" kehre.

Beinahe rührend ist es, wenn er bei Konzerten von seinen Liedern erzählt. Er tut dies grundsätzlich in der Sprache des Landes, in dem er zu Gast ist, so radebrechend seine Kenntnisse auch sein mögen. Schon fast unfreiwillig komisch wirken dann die übersetzten Versionen seiner Songs. Seine Alben "III" und "IV"sind auch in deutscher Sprache erschienen, Veröffentlichungen in weiteren Sprachen lehnte die Plattenfirma dankend ab.

Auf das Studio-Album "I/O", das Gerüchten zufolge schon Ende 2003 hätte erscheinen sollen, warten Gabriel-Fans indes weiter vergeblich. Auch für eine Wiedervereinigung mit Genesis, deren Frontmann Peter Gabriel war, gab es Anzeichen - bis Phil Collins sagte, er werde nie wieder auf Tournee gehen. Wahrscheinlich kommt ohnehin wieder etwas ganz anderes.

Vielleicht von Affen eingespielte Weltmusik - mit deutschen Texten.

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