Nickelback-Bassist Kroeger: „Wir sind nicht die Gallagher-Brüder“

Nickelback haben eine seltsame Karriere hingelegt: Was als Hardrock-Hoffnung begann, ist inzwischen Radio-Pop. Ein Gespräch mit Bassist Mike Kroeger.

Düsseldorf. Ironie des Schicksals: Der 11. September 2001 war der bitterste Tag in der Geschichte der USA, für die kanadische Rockband Nickelback (im Bild: Chad Kroeger (v.), Bruder Mike (2.v.r.), Daniel Adair (l.) und Ryan Peake (r.), Foto: Warner) war er der Anfang einer großen Karriere. An diesem Tag erschien ihr drittes Album „Silver Side Up“ mit der Hit-Single „How You Remind Me“, die dem Quartett zum Durchbruch verhalf.

Mit mittlerweile 50 Millionen verkauften Tonträgern weltweit gehören sie zu den erfolgreichsten Bands dieser Zeit. Songs wie „Photograph“ und „Rockstar“ führten sie auch hierzulande zum Erfolg.

Ihr siebtes Studioalbum „Here And Now“ ist nun erschienen. Im Interview spricht Bassist und Bandmitbegründer Mike Kroeger über die letzten zehn Jahre, das Verhältnis zu seinem Bruder, Frontmann Chad Kroeger, und darüber, warum ihre Musik immer mehr zum Radioschlager wurde.

Herr Kroeger, der 11. September 2001 hat die Menschen erschüttert. An diesem Tag hat sich die Welt verändert, auch Ihre: Es erschien Ihr Erfolgsalbum „Silver Side Up“.

Mike Kroeger: Es war ein furchtbarer Tag und gleichzeitig der wichtigste für Nickelback. Wir waren in Pennsylvania — also nicht weit weg von dem Ort, wo das letzte Flugzeug abstürzte. An dem Abend haben wir ein Konzert gespielt, um die Leute abzulenken. Eigentlich waren fast alle Unterhaltungsveranstaltungen abgesagt.

Wie haben die Leute reagiert?

Kroeger: Da waren so viele Eltern, die ihren Kindern einfach noch nicht klarmachen konnten, was an diesem Morgen Schreckliches passiert war. Sie wollten sie nicht verängstigen. Aber es war so bizarr. Auf der einen Seite taten die Eltern so, als sei alles in Ordnung, aber wenn man in ihre Gesichter schaute, konnte man sehen: Nichts ist gut! Viele weinten und waren verzweifelt.

Wie haben Sie sich dabei gefühlt, an diesem Abend auf die Bühne zu gehen?

Kroeger: Es war komisch. Man konnte die Angst bei den Leuten spüren, schließlich wurde ihr Land an diesem Tag angegriffen. Jeder dachte: „Bin ich noch sicher? Kann das noch einmal passieren?“ Das war echt ein sehr emotionales Konzert, ein Auftritt, den ich nie vergessen werde.

Sie hatten Nickelback fünf Jahre zuvor mit Ihrem Bruder Chad gegründet. Wie ist es, so lange professionell mit dem eigenen Bruder zusammenzuarbeiten?

Kroeger: Wir befinden uns auf dem Höhepunkt unserer Karriere. Das wirkt sich natürlich auch auf das Verhältnis von Chad und mir aus. Früher war das etwas anders. Da hat es dann auch öfter mal geknallt.

In welchen Situationen sind Sie sich in die Haare geraten?

Kroeger: Auslöser waren schon Kleinigkeiten. Besonders am Anfang, als wir im tiefsten Winter ohne Geld durch Kanada gefahren sind. Wir waren ständig auf engstem Raum zusammen. Streit war da vorprogrammiert. Aber ich bin froh, dass ich mit meinem Bruder unterwegs war. Bei einem Fremden hätte ich gesagt: „Das bringt nichts, ich höre auf!“ Aber als Familie hält man zusammen.

Aber ein solcher Streit ist viel emotionaler als einer mit einem Fremden. Als Bruder weiß man, wie man den anderen ganz leicht zum Explodieren bringt.

Kroeger: Wir können beide ziemlich austicken. Aber so ein richtiger Ausraster ist schon lange her. Wir sind nicht die Gallagher-Brüder! Das wäre für mich unvorstellbar, so zu leben, wie sie es tun. Bei uns gibt es auch keine Rivalitäten. Die Rollen innerhalb der Band sind klar aufgeteilt: Chad ist der Sänger, der Mann mit der größten Popularität — und das ist völlig okay so.

Er schreibt auch die Songs: Die Musik hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Von einer Hardrock-Hoffnung sind Sie zu einer Mainstream-Band geworden, Ihre Lieder laufen überall im Radio. Warum dieser Wandel?

Kroeger: Das bedeutet vor allem, dass man populär ist. Und das ist doch gut. Aber es ist richtig: Unser Stil hat sich verändert. Früher waren wir wohl eindimensionaler als heute. Wir wollen nun mehr Leute ansprechen: Wir haben melodische Liebeslieder, spielen aber auch Hardrock. Wir haben uns entwickelt.

Haben Sie schonmal darüber nachgedacht, wieder etwas Neues zu probieren?

Kroeger: Vielleicht machen wir irgendwann mal was ganz anderes. Wir haben schonmal über eine Akustikplatte nachgedacht oder über ein Live-Album. Aber das steht noch in den Sternen. Jetzt wollten wir noch einmal ein klassisches Nickelback-Album aufnehmen. Und solange die Leute unsere Platten kaufen, müssen wir noch nicht in Rente gehen.

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