Neue CD von Mogwai: Gesang — „die letzte Option“

Mogwais Philosophie ist die einer Instrumental- Band. Mit dem Album „Rave Tapes“ liegen jetzt zehn neue, klar strukturierte Stücke vor.

Neue CD von Mogwai: Gesang — „die letzte Option“
Foto: Steve Gullick

Düsseldorf. Sie sind die Brecher des Post-Rock-Genres und neben den isländischen Sigur Rós oder den japanischen Mono seine wichtigsten aktiven Vertreter. Drei Jahre nach „Hardcore Will Never Die, But You Will“, das in Deutschland bis auf Platz 27 der Charts stieg, veröffentlicht die schottische Band Mogwai ihr siebtes Studioalbum „Rave Tapes“ — keine zwölf Monate nach dem Soundtrack „Les Revenants“.

Neue CD von Mogwai: Gesang — „die letzte Option“
Foto: NN

„Komisch, viele Leute, gerade in Deutschland, sehen ,Les Revenants’ als reguläres Album“, sagt Bandgründer und Gitarrist Stuart Braithwaite. So verwunderlich ist das nicht, denn rein musikalisch unterscheidet sich die vor einem Jahr erschienene Filmmusik zur französischen Zombie-TV-Serie (Titel hierzulande: „The Returned“) nur geringfügig vom gewohnten Stil der Band.

Mogwais breitflächige Soundlandschaften aus Gitarren, Bass, Klavier, Synthesizern und Drums haben sich auch schon wunderbar zur atmosphärischen Untermalung von Filmen wie Darren Aronofskys „The Fountain“ oder der Dokumentation über Zinedine Zidane („Zidane: A 21st Century Portrait“) geeignet. Dennoch besteht für die Band ein Unterschied zwischen der Arbeit an einem Soundtrack und der am regulären Werk. „Man ist sich darüber im Klaren, dass man selbst nicht im Hauptfokus steht, wenn man einen Soundtrack macht“, erklärt Keyboarder und Pianist Barry Burns. „Das beeinflusst zum Beispiel die Art, wie man Musik zusammenstellt. Man weiß, dass sie nicht für sich allein stehen muss, sondern Bilder begleitet.“

Mogwais Philosophie ist die einer Instrumentalband. Gesang spielt als Melodieträger nur bei wenigen Stücken eine Rolle — und wenn, dann unaufdringlich im Hintergrund. Fehlt es einem Song an Melodie, ist Gesang allerdings „die letzte Option“, scherzt Braithwaite. „Dann sagen wir uns: Ohne ihn wäre das Stück einfach Mist. Das können wir niemandem antun.“ Die Stimme wird dann zum Instrument, zum singenden Brummen und Murmeln. Denn auch vorgegebene Geschichten will die Band keinem zumuten — der Hörer soll seiner Fantasie freien Lauf lassen. „Viele Leute hätten zwar gern eine Story, aber was könnte das sein? Das ginge mir zu sehr in die konzeptionelle Richtung, und da stehe ich überhaupt nicht drauf“, so Burns.

19 Jahre sind Mogwai dabei, da ändert man sich nicht mehr so krass. Doch Stillstand ist auch nicht ihr Ding. Seit der Gründung im Jahr 1995 in Glasgow hat sich das Quintett immer irgendwie weiterentwickelt. Mit dem neuen Werk „Rave Tapes“ erleben Fans nun einen Umbau der instrumentalen Struktur.

Das Rumoren der Gitarren und Poltern der Drums ist längst nicht mehr so dominant wie noch zu Zeiten des Debüts „Mogwai Young Team“, das 1997 zum Kritiker- und Kult-Erfolg wurde. Mit den Nachfolgern „Come On Die Young“ (1999) und „Rock Action“ (2001) erweiterte die Band ihren Stil um elektronische Sounds und Effekte. Heute haben Klavier und Synthies längst die Führungsrolle übernommen. „Das ist vielleicht so, weil viele Songs auf ihnen geschrieben wurden“, erklärt Braithwaite. „Es sind zwar immer auch Gitarren dabei, aber diesmal sind mehr Synthesizer-basierte Stücke drauf als jemals zuvor.“

Neun Monate hat die Arbeit an „Rave Tapes“ gedauert — bis Ende Oktober vergangenen Jahres. Die Band nimmt sich immer recht lange Zeit. „Wenn man aber zu lange braucht, läuft man Gefahr, die Sache zu verkomplizieren.“ Damit das nicht passiert, stieß kurz vor Schluss Paul Savage hinzu — quasi zur Qualitätskontrolle. Der schottische Produzent, der die Band seit Beginn ihrer Karriere begleitet, hatte schon „Hardcore Will Never Die, But You Will“ den letzten Schliff gegeben. Und das Ergebnis lässt ahnen, dass Mogwai mit „Rave Tapes“ diesen ansehnlichen Erfolg noch einmal toppen können.

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