Martha Argerich: Eine Legende vergeudet sich in Essen

Star-Pianistin Martha Argerich fehlte passende Begleitung.

Essen. Die Essener Philharmonie ist ausverkauft. Eine der größten Pianistinnen unserer Zeit, Martha Argerich, tritt auf. Kurz zuvor war noch nicht mal klar, ob die absagefreudige Argentinierin, gefürchtet als „Madame No“, überhaupt zum Klavierfestival Ruhr kommt und mit welcher Entourage. Die 72-Jährige spielt aber so exzeptionell Klavier, dass ihre Fans auch ohne nähere Informationen Karten kaufen.

Man hat sich seit 20 Jahren daran gewöhnt, Argerichs Kunst nicht pur genießen zu dürfen. Die Pianistin spielt ausschließlich mit Orchester oder mit Zweit-Pianisten, Geigern oder Cellisten. Am Dienstagabend ging das schief: Als Partner für die klanggewaltige Violinsonate des französischen Romantikers César Franck wählte sie den fast 91-jährigen Geiger Ivry Gitlis. Er gehört zwar zweifellos zu den Granden der Violine, doch die Produktion eines tragfähigen Tons auf der Geige erfordert Kraft, die 90-Jährige kaum mehr erreichen.

Ein solcher Profi macht freilich keine Anfängerfehler. Sein Spiel ist ausgereift und stellenweise tiefsinnig. Doch geraten Intonation und Klangqualität so oft ins Diffuse, dass man erschrickt. Anrührend ist es aber zu erleben, mit wie viel Liebe und Fürsorge Martha Argerich ihren alten Weggefährten begleitet. Da der Klavierpart der Franck-Sonate mindestens so wichtig ist wie die Violinstimme, hatte der Hörer hinreichend Freude am Werk.

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