Lärmschutz für Musiker

Mit speziellen Schallwänden soll die hohe Lautstärke beim Orchesterspiel reduziert werden.

Detmold. „Fast 110 Dezibel. Und das sind nur zwei Trompeten.“ Malte Kob zeigt auf die Anzeige seines Messgeräts. Der Akustiker von der Hochschule für Musik in Detmold untersucht die Wirkung von Schallschutzwänden in Orchestern. Die Messung unmittelbar hinter der Wand belegt: Hier ist es deutlich leiser. Hintergrund der Detmolder Studie ist ein Gesetz zum Arbeitnehmerschutz.

In der Industrie und im Straßenbau tragen Arbeiter ganz selbstverständlich Kopfhörer oder Ohropax, um ihr Gehör zu schützen. Doch auch in Orchestern übersteigt der Schalldruckpegel oftmals die Schmerzgrenze, und 120 Dezibel sind keine Seltenheit - das ist lauter als ein Presslufthammer oder Discomusik.

„Bei kurzzeitigen Belastungen, also etwa in Konzerten, ist das oft kein Problem. Aber bei den Proben sind die Musiker dieser Lautstärke über längere Arbeitsphasen immer wieder ausgesetzt“, erläutert Malte Kob. Kopfhörer wie sie Straßenarbeiter tragen, sind im Orchester nicht einsetzbar.

Und auch Ohrstöpsel aus dem Kaufhaus erweisen sich als untauglich. „Im Orchester muss man feine Nuancen der Nachbarn hören können. Das kann ein einfacher Gehörschutz nicht leisten“, weiß Kob. Ein individuell angepasster Gehörschutz für jeden Musiker ist möglich — geht aber ins Geld.

Der Akustiker und sein Team testen deshalb jetzt den Einsatz von Schallschutzwänden aus Plexiglas, die sie unmittelbar vor einzelnen Instrumentengruppen aufstellen. Im unteren Bereich sind sie mit schallschluckendem Material verstärkt, auf Brusthöhe neigen sie sich in Richtung Zuschauerraum. Die Musiker in der Reihe davor sitzen wie unter einem kleinen Vordach. So sollen zum Beispiel Cellisten und Holzbläser geschützt werden, die im Orchester direkt vor den Posaunen und Trompeten sitzen.

Sie wissen die neu gewonnene Ruhe durchaus zu schätzen, bestätigt Fagottist Stefan Neuhäuser von den Jungen Sinfonikern Bielefeld nach einer Probe mit Schutzwänden. „Es ist viel leiser. Das ist gut. Grundsätzlich muss ich aber die Blechbläser auch weiterhin hören können, damit ich meine eigenen Einsätze besser finde. Da muss noch nachgebessert werden.“

Die Deutsche Orchestervereinigung (DOV) in Berlin setzt auf einen Mix aus verschiedenen Maßnahmen und verweist darauf, dass etwa die Deutsche Oper am Rhein in Düsseldorf den Orchestergraben vergrößert hat, um die Musiker vor zu viel Schall zu schützen. Bei den Musikern habe bereits ein Umdenken eingesetzt. DOV-Geschäftsführer Gerald Mertens: „Vor allem die Jüngeren sind heute viel eher bereit, Schutzmaßnahmen zu testen. Denn sie wissen, dass sie ihr Gehör noch lange zur Ausübung ihres Berufes brauchen.“

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