Kleines Label, viel dahinter: Chimperator

Stuttgart (dpa) - Er ist jung, trägt eine Pandamaske und füllt mit seiner Mischung aus Rap und Pop die größten Konzerthallen des Landes: Hip-Hopper Cro zählte 2012 zu den absoluten Überfliegern der deutschen Musikwelt.

Hinter dem Mann steht jedoch keines der großen Major-Label wie Universal oder Sony. Schon vor seinem raketenhaften Aufstieg hat Cro bei dem Independent-Label Chimperator Productions unterschrieben. Dem kleinen Unternehmen mit Stammsitz in Stuttgart und Büro in Berlin ist er bis heute treu geblieben. „Ich hab' meine Freiheit bei allem, was ich mache“, erklärt Cro im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa.

„Wir haben im letzten Jahr sehr viel und sehr schnell gelernt“, sagt Chimperator-Geschäftsführer Sebastian Andrej Schweizer. Wegen Cros riesigen Erfolgs sei die Firma in den vergangenen Monaten rasch gewachsen, wenn auch in kleinen Maßstäben: „Mittlerweile beschäftigen wir zehn bis zwölf Leute.“ Auch wirtschaftlich ist Chimperator dank des Rappers zum ersten Mal profitabel. „Früher haben wir Gewinn immer direkt wieder in die nächsten Projekte gesteckt“, sagt Schweizer.

Das Label ging 1999 aus der Stuttgarter Hip-Hop-Szene um Bands wie Massive Töne oder Freundeskreis hervor. „Das hat viele Vorteile“, so Schweizer. „Man hat mehr Verständnis für den Künstler. Musik kann man nun mal nicht am Reißbrett machen.“ Gerade beim Rap sei es wichtig, sich mit der Musik und in der Szene auszukennen. Cros Erfolg habe aber keiner vorhersehen können. „Dass es so groß und verrückt wird, hätten wir niemals gedacht. Glück spielt da immer eine Rolle.“

Jörg Heidemann vom Verband unabhängiger Musikunternehmen sagt mit Blick auf Cros Debütalbum „Raop“: „Das war das richtige Album mit dem richtigen Marketing zur richtigen Zeit. Solche Erfolgsgeschichten gibt's alle Jubeljahre mal.“ Der Fall Chimperator sei in der deutschen Independent-Label-Szene bisher einmalig.

Für Cros Durchbruch war laut Heidemann ein Mix verschiedener Faktoren verantwortlich: Die Musik spreche Kinder und Erwachsene an, sei nicht böse, er benutze die richtigen Samples, habe eine niedliche Maske und mit „Easy“ eine perfekte erste Single. „Und diese Kombination war schlicht und einfach Dusel.“ Im Hip-Hop-Genre gebe es unzählige Künstler, die „mindestens genauso geil“ wie Cro seien, aber aus unerfindlichen Gründen den großen Erfolg verpassten.

Der Umjubelte selbst betont, er und Chimperator machten viele Sachen, die ein Major-Label nie machen würde - wie das „Easy“-Mixtape komplett umsonst ins Netz zu stellen. „Ein Indie ist einfach sehr viel flexibler und kann schnell und ohne dass es über 245 Schreibtische gehen muss Sachen entscheiden und umsetzen.“

„Chimperator hatte sich schon vor Cros Erfolg einen guten Ruf aufgebaut“, sagt der Geschäftsführer der Popakademie Mannheim, Hubert Wanjo. Bei der Entwicklungsarbeit mit Cro sei den Machern ihre jahrelange Vorerfahrung in der Labelarbeit zugutegekommen. Der Erfolg des Rappers sei daher auch, aber nicht nur Zufall. „Gute Vorbereitung hat sich mit Glück multipliziert“, so Wanjo. Der Professor sieht den Grundstein in dem geschickten Marketing zur Single „Easy“, für die das Unternehmen auf kostengünstige Online-Kanäle gesetzt hat. Durch das Internet hätten mittlerweile auch kleine Labels die Möglichkeit, eine enorme Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Chimperator selbst will sich in den nächsten Monaten breiter aufstellen und neben Bands aus der Hip-Hop-Sparte wie Die Orsons Musiker aus anderen Genres verpflichten. Im Herbst nahm Chimperator etwa die Rockband Heisskalt aus dem Stuttgarter Umland unter Vertrag. „Wir gucken immer, ob es auch menschlich passt mit den Bands“, sagt Schweizer. „Und ob die Lust haben, mit uns zusammenzuarbeiten.“

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