Jackson Browne: Wohlklang und Wut

Berlin (dpa) - Die große Zeit des politisch engagierten US-Folkrock-Barden Jackson Browne schien schon länger vorbei. Nun legt er ein herausragendes Alterswerk vor, das viele Qualitäten seiner gut 40-jährigen Karriere zusammenfasst.

Jackson Browne: Wohlklang und Wut
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Es gab Zeiten, da konnte man Brownes sensiblen Songs kaum entkommen. Lieder voller Wohlklang und Wärme wie „Doctor My Eyes“, „The Load-Out/Stay“ oder „Tender Is The Night“ liefen im Formatradio, besonders Studenten und Intellektuelle liebten seine Musik. Brownes politische Ansagen wurden aufmerksam gehört, seine hochgelobten Alben millionenfach verkauft und für Grammys nominiert. Das war in den 70er und frühen 80er Jahren - lange her.

Seitdem machte sich Browne rar, nur noch wenige Platten des Kaliforniers hinterließen bleibenden Eindruck. Seine Beziehung mit der schönen Hollywood-Schauspielerin Daryl Hannah endete bitter. Selbst geduldige Fans des Folkpop-Veteranen warteten also nicht gerade mit angehaltenem Atem auf ein neues Werk. Doch mit „Standing In The Breach“ gelingt Jackson Browne ein starkes Comeback-Album, auf dem er sich auch als unerbittlich engagierte Stimme für Frieden und Umweltschutz, gegen Ausbeutung und Korruption treu bleibt.

Schon das düstere Coverfoto - ein junges Paar vor den Trümmern eines Kriegsschauplatzes, vermutlich in Afrika - deutet an, dass sich Browne weiterhin als linksliberales, pazifistisches Aushängeschild der amerikanischen Singer/Songwriter-Szene versteht. Im wütenden „Which Side?“ wettert er wortreich gegen Firmen, die mit Fracking die Natur verwüsten, gegen gierige Banker und skrupellose Kapitalisten.

In dem von der Lage auf Haiti inspirierten Titelsong beklagt Browne die ungerechte Verteilung von Wohlstand („So many live in poverty while others live as kings“). Und in „The Long Way Around“ geißelt er die Waffenlobby („Now they'll sell a Glock 19 to just about anyone“).

Die Empörung des vor 66 Jahren als Sohn eines US-Soldaten in Heidelberg geborenen Browne wirkt manchmal rührend naiv, aber sie kommt aus vollem Herzen. Das war schon vor knapp 40 Jahren so, als er gegen Atomkraft protestierte, oder Mitte der 80er bei seinem Feldzug gegen die US-Interventionspolitik in Mittelamerika. „Ich will den Leuten aber keine Strafpredigt halten“, sagte Browne jetzt dem Magazin „Esquire“. „Ich möchte keine Polemik schreiben, sondern einen guten Song, den jeder genießen kann.“

Mag man über die plakativen Texte von „Standing In The Breach“ noch geteilter Ansicht sein, so lässt die musikalische Umsetzung keinerlei Zweifel zu. Butterweiche Gitarrenklänge von Könnern wie Val McCallum oder Greg Leisz, eine hellwache Rhythmusgruppe und eine kristallklare Hochglanzproduktion machen das Album zu einem echten Sound-Erlebnis. Die teilweise deutlich über fünf Minuten langen Songs beschränken sich nicht mehr auf Folkrock und Westcoast-Pop, sie integrieren nahtlos auch Country-, Soul- und Gospel-Elemente.

In ihrer hohen Qualität erinnern die neuen Lieder an Brownes beste Zeit, die mittleren 70er. Der Opener „The Birds Of St. Marks“ reicht sogar noch weiter zurück: „Den habe ich mit 18 geschrieben, aber bisher nie so hingekriegt, wie ich es damals plante“, verriet Browne dem Fachmagazin „Mix“. Nun ist daraus ein spätes Karriere-Highlight geworden.

Jackson Brownes größter Trumpf ist und bleibt aber diese seit jeher alterslos schöne Stimme - sein Gesang klingt immer noch so lässig und elegant wie damals, als er mit „Late For The Sky“ (1974), „Running On Empty“ (1977) oder „Hold Out“ (1980) Referenzplatten einer ruhmreichen Singer/Songwriter-Ära schuf. Sechs Jahre nach dem mediokren Vorgänger „Time The Conqueror“, auf dessen Cover der Sänger mit grauem Bart wie ein allzu früh gealterter Mann aussah, ist „Standing In The Breach“ endlich das erhoffte formidable Alterswerk.

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