Interview: Prinzip: Bitte mehr Hoffnung

Mit seinem neuen Album „Lasso“ versucht das Berliner Duo 2raumwohnung, etwas vom Optimismus der 70er Jahre in die heutige Zeit zu retten.

Frau Humpe, Herr Eckart, mit Ihrem neuen Album "Lasso" schlagen Sie eine Brücke zu den 70er Jahren. Was fasziniert Sie an diesem Jahrzehnt?

Inga Humpe: Die Stimmung. Die Menschen haben sich auf die Zukunft gefreut und gedacht, dass man im Jahr 2000 nur noch mit Colani-Lastern durch die Gegend schwebt, dass alle Krankheiten besiegt sein werden und die Menschen bald auf dem Mond wohnen können.

Tommi Eckart: Ja, damals war viel Idealismus dabei und jetzt ist es umgekehrt gekommen, wie es sich die Menschen erhofft haben. Viel von dem Optimismus der 70er beruhte auf dem Glauben an die Technik und die Kraft, die von Festivals wie Woodstock ausging. Heute herrscht eine pessimistische Grundstimmung.

Humpe: Nein, im Gegenteil, wir verstehen uns als Futuristen und glauben trotzdem noch an das Positive der 70er, zu dem auch Solidarität und Mitgefühl gehören. Man muss die Menschen stärken, und da ist Musik gerade das richtige Mittel, da sie positive Empfindungen erhöhen kann.

Humpe: Nein, wir hoffen mehr, als wir uns fürchten. Natürlich beobachten wir auch, was in der Welt passiert. Aber man muss auch das Positive suchen und nicht nur über das Negative reden. Und das Leben ist doch auch spannend und schön. Wir haben keinen Krieg, leiden nicht unter Hunger oder unter einer Diktatur.

Humpe: Der Song schien zunächst unsingbar und hat mich einige Nächte gekostet. Dann waren wir beim sehr beeindruckenden Konzert von Leonard Cohen. Danach wollte ich etwas hiervon in dem Lied unterbringen. Cohen ist einer der Sänger, die mich als Teenager begeistert haben. Später, in der Techno-Phase, hatte ich ihn verloren, und jetzt gerade haben wir ihn wiederentdeckt.

Eckart: Wir sind sogar sehr eitel. Aber es geht in dem Song nicht nur um den Körperkult, sondern auch um die Abhängigkeit vom Körper. Denn nicht immer ist der Kopf der Boss. Das merkt man schnell, wenn man krank wird.

Humpe: Ja wir trainieren regelmäßig: Training, Stretchen, Laufen, Radfahren, Yoga. Ohne Bewegung können wir nicht leben oder anderthalb Stunden auf der Bühne durchhalten.

Eckart: Dem kann man sich kaum entziehen, aber wir versuchen, uns nicht in den Mittelpunkt zu stellen. Musik machen wir in erster Linie für uns selbst, wobei man natürlich ehrgeizig ist und sich selbst den größten Erfolgsdruck macht. Da ist jede Platte ein Erlebnis, als machte man noch einmal das Abi.

Humpe: Jeder Abend kann der letzte sein, deshalb würden wir wahrscheinlich das Gleiche machen wie immer, nur auf den Schlaf würde ich vielleicht verzichten. Das ist wie beim letzten Urlaubstag, an dem man alles noch einmal ganz tief in sich aufnehmen möchte.

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