Hurts: Großes Drama — zweiter Akt

2010 landeten Hurts eines der erfolgreichsten Debüts der vergangenen Jahre. Ihrem Stil bleiben sie beim Nachfolger treu: Glasklares Pathos.

Düsseldorf. Dunkle Gestalten bewegen sich im Schatten der Scheinwerfer. Es ist düster in der Halle, das Publikum ist ruhig. Sänger Theo Hutchcraft trägt einen schwarzen Anzug, steht nahezu regungslos am Mikrofon. Pianist Adam Anderson begleitet ihn am Flügel. Zwischendurch wirft Hutchcraft weiße Rosen ins Publikum.

So ein Konzert von Hurts erinnert ein bisschen an eine Trauerfeier. Es klingt furchtbar deprimierend und niederschmetternd, dabei ist es das gar nicht. Hurts sind auf der Bühne sehr überzeugend. Sänger Theo Hutchcraft hat eine imposante, fast opernhaft anmutende Stimme, die er zur Geltung zu bringen weiß. Die Show ist authentisch, die düstere Stimmung passt perfekt zur Musik. Die Lieder von Hurts sind dramatisch, melancholisch und äußerst theatralisch.

Das Duo macht Synthie-Pop und haucht damit dem schon fast vergessenen, vornehmlich britischen Pop der 1980er Jahre neues Leben ein. Das brachte ihm natürlich schnell Vergleiche mit Depeche Mode, Soft Cell und vor allem mit den Pet Shop Boys ein. Hutchcraft und Anderson wirken aalglatt:

Sie sind immer akkurat gekleidet, die Frisur ist mit Pomade perfekt gekämmt. Anfangs war das ihr Weg, der Tristesse ihrer Heimat Manchester zu entfliehen. Heute ist es ein Markenzeichen, sagt Hutchcraft: „Alles um einen herum fühlt sich einfach besser an. Und jetzt haben wir das Problem: Wenn man einmal angefangen hat, elegant auszusehen, kann man damit nicht mehr aufhören.“

Der Erfolg kam schlagartig. Die Singles „Wonderful Life“ und „Stay“ katapultierten das Duo vor zwei Jahren in Europa ganz nach oben. In Deutschland folgten Auszeichnungen mit Echo und Bambi. Die anschließende Tournee hinterließ ihre Spuren: „In Kiew bin ich während der Show eingeschlafen“, sagt Anderson. Hutchcraft ging es nicht anders: „Wir waren auf dem besten Weg, den Verstand zu verlieren.“

Bei einem Auftritt im österreichischen Innsbruck wollte der Sänger sogar mittendrin abbrechen und nicht mehr weiterspielen: „Adam musste mich überreden.“ Eine wirkliche Pause gönnten sich die beiden jedoch nicht. Kurz nach Ende ihrer Tour arbeiteten sie bereits wieder an neuen Songs für ihr jetzt erscheinendes zweites Album „Exile“.

Zu stark waren vielleicht noch die Erinnerungen an eine Zeit vor Hurts: Theo Hutchcraft und Adam Anderson standen vor dem Nichts. Sie waren arbeitslos, lebten im industriellen Manchester von der Stütze oder von Gelegenheitsjobs. Von dem Leben, das sie heute leben, konnten sie damals nur träumen.

Kennengelernt haben sie sich vor vier Jahren in einem Club. Sie kamen ins Gespräch, während sich ihre Freunde im Suff prügelten: „Es war ein furchtbarer Club. Aber es gab keinen Grund einzuschreiten. Es waren zwei große Gruppen, die aufeinander losgegangen sind. Da hätten wir eh nichts ausrichten können“, erinnert sich Hutchcraft.

Ihr erstes Album „Happiness“ entstand aus einer Art Perspektivlosigkeit heraus. Sie lebten auf der „Curry Mile“, einer Straße im Süden der Stadt, die eigentlich Wilmslow Road heißt und ihren Spitznamen wegen der vielen indischen Restaurants bekam. Und auch für „Exile“ zog es das Duo zurück auf genau diese Straße. Natürlich hätten sie ebenso gut ein teures Studio in London oder New York mieten können. Stattdessen bezogen sie für ein halbes Jahr eine Wohnung mit zwei Schlafzimmern, einer Küche und einem kleinen Studio.

„Das klingt romantisch, war es aber gar nicht. Es ging eher darum, dass wir keine Ahnung hatten, wie man anders arbeitet“, sagt Hutchcraft. Reine Verzweiflung? Wohl eher nicht. Vielmehr brauchen Hurts scheinbar den industriellen Charme, den Manchester immer noch vielerorts ausstrahlt: „Wir haben es woanders probiert, aber es war absolut unmöglich“, sagt Anderson. Und so ist es wenig verwunderlich, dass auch „Exile“ wieder dramatisch und theatralisch klingt. Man würde es sich von Hurts nicht anders wünschen.

Termine: 14. März, 20 Uhr, Köln, Essigfabrik / 8. Juni, Rock am Ring

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