ESC-Kandidat Roman Lob: "Die Konkurrenz in Baku ist wirklich stark"

Am 26. Mai tritt Roman Lob für Deutschland beim Eurocision Song Contest an. Im Interview spricht er über den ESC, seine Castingshow-Vergangenheit bei DSDS - und darüber, dass die Entscheidung zwischen einer Karriere als Musiker oder Industrie-Mechaniker noch nicht gefallen ist.

Herr Lob, bevor Sie der „Star für Baku“ wurden, haben Sie in Troisdorf bei Bonn als Industrie-Mechaniker bei Trosifol, einer Firma für Spezialfolien, gearbeitet. Vermissen Sie die Arbeit schon?

Roman Lob: Ich vermisse vor allem meine Kollegen, ja. Und ich vermisse es, mal kräftig anzupacken. Ich bin schon eher der Arbeitertyp, obwohl ich meinen Job als Musiker jetzt auch sehr, sehr gern mag. Diese Zeit jetzt möchte ich nicht missen, ich würde aber schon gerne mal wieder in der Werkstatt stehen und die Flex schwingen oder irgendwas zusammenbauen. Ich habe mich in der Firma lange nicht mehr sehen lassen, aber das muss dringend passieren.

Können Sie sich vorstellen, für immer von der Musik zu leben?

Lob: Ich könnte mir sogar sehr gut vorstellen, irgendwann allein von der Musik zu leben. Aber man muss immer aufpassen, immer darauf achten, was los ist und was passiert. Denn keiner kann in die Zukunft blicken, alles kann morgen schon wieder vorbei sein. Es ist schon gut, dass ein Unternehmen wie Trosifol hinter mir steht. Die Kollegen sind so etwas wie die Hand in meinem Rücken. Sie stützen mich. Zu den meisten Kollegen habe ich auch im Moment einen sehr guten Kontakt. Deswegen habe ich meinen Job auch nicht gekündigt. Für eine gewisse Zeit bin ich von der Arbeit freigestellt. Ich muss eben abwarten, ob die Leute nach dem „ESC“ noch immer an mir interessiert sind.

Sie sind, genau wie Ihr Vater Leo, Industrie-Mechaniker von Beruf. Warum musste es gerade der Job sein?

Lob: Ich wollte auf jeden Fall einen technischen Beruf lernen — und einen, bei dem man auch handwerklich etwas leisten kann. Da habe ich gedacht, dass „Industrie-Mechaniker“ ein sehr guter Zweig ist. Mein Vater war, wie gesagt, früher ebenfalls Industrie-Mechaniker, und das fand ich immer cool, die ganze Arbeit, die Werkstatt. Deswegen habe ich bei Trosifol in Troisdorf schließlich ein Praktikum gemacht, das mir auch richtig gut gefallen hat. Ich habe mich dann dort um einen Ausbildungsplatz beworben und tatsächlich hat die Firma mich auch genommen. In Troisdorf habe ich als Kind gewohnt, aber dann sind wir nach Neustadt/Wied umgezogen.

2007 haben Sie bereits bei „Deutschland sucht den Superstar“ teilgenommen und mussten als einer der 20 besten wegen einer Kehlkopfentzündung aufgeben. Von Dieter Bohlen bekamen Sie einen Freifahrtschein für das nächste Casting. Doch den haben Sie danach nie genutzt. Haben Sie das jemals bereut?

Lob: Nein, das habe ich nicht bereut. Damals, nach „DSDS“, lief alles super. Ich konnte meinen Abschluss an der Realschule fertig machen und sofort in die Ausbildung einsteigen, danach habe ich noch ein ganzes Jahr Berufserfahrung gesammelt, da ich von der Firma nach der Lehre übernommen wurde. Alles lief nach Plan — und nach meinem guten Gewissen.

Und an welcher Castingshow hätten Sie noch teilgenommen?

Lob: An keiner mehr, danach hätte ich es einfach nicht mehr probiert.

Hätten Sie aufgegeben und sich von dem Gedanken verabschiedet, jemals im Rampenlicht zu stehen?

Lob: Aufgeben, das kommt für mich nicht in Frage. Ich bin ein Typ, der kämpft. Hätte es auch diesmal nicht geklappt, so hätte ich es sportlich genommen. Das wäre dann einfach so gewesen. Musik hätte ich natürlich weitergemacht — mit meiner Band, Rooftop Kingdom. Das geht auch jetzt weiter, wir machen Pop/Rock. Das ist die Band, mit der ich seit drei Jahren Musik mache. Früher habe ich eher Heavy Metal gemacht, aber das ist dagegen lange her und vorbei.

Haben Sie inzwischen realisiert, was mit Ihnen passiert, oder gibt es Momente, in denen Sie noch mal gekniffen werden wollen?

Lob: Es gibt tatsächlich immer noch Momente, in denen ich gezwickt werden möchte. Neulich, bei der „Echo“-Verleihung, da war wieder so ein Moment. Ich war so geflasht von dem, was da abging. Das war ein Riesenereignis, und es hat mir so viel Spaß gemacht! Solche Momente möchte ich nicht missen — es sind Momente, die ich sehr schätze. Denn, wie gesagt, alles kann sehr schnell zu Ende gehen.

Wie kommen Sie mit der Öffentlichkeit und dem Interesse an Ihrer Person klar?

Lob: Das ist in Ordnung. Denn ich habe immer noch ein Privatleben und auf jeden Fall auch meine Ruhe. Zum Glück ist es auch nicht so, dass die Leute vor unserem Haus stehen und Sturm klingeln, weil sie etwas von mir wollen. Zurzeit ist echt alles okay. Auch die ganzen Termine, Auftritte und Interviews sind gut und machen Spaß, weil die Leute sehr freundlich zu mir sind, und ich viele nette Menschen treffe. Und ich finde es auch gar nicht schlimm, dass viele Menschen immer wieder dasselbe wissen wollen. Meine Familie steht außerdem voll hinter mir und dem, was ich mache. Meine Eltern sind da ebenfalls sehr entspannt.

Was haben Sie von Thomas D, dem Produzenten Ihres Debütalbums, gelernt?

Lob: Das Album haben wir bei Thomas D im Studio, in der Eifel, aufgenommen. Thomas D ist ein lockerer Typ und immer gut drauf. Und wenn es um die Musik geht, ist er immer sehr ehrgeizig. Diese Einstellung werde ich auf meinem eigenen Weg mitnehmen.

Sind Sie aufgeregt? Wie bereiten Sie sich auf den „Eurovision Song Contest“ vor?

Lob: Ich bin sehr aufgeregt, ja, das muss ich zugeben. Es ist nicht mehr lange hin, der „Eurovision Song Contest“ kommt jetzt superschnell. Aber von „Lieber heute als morgen“ kann noch nicht die Rede sein, ich brauche jeden Moment der Vorbereitung. Dafür stehen noch viele Auftritte an, die vergangenen Auftritte bei der „Wok-WM“, bei der „Echo-Verleihung“ oder beim „LEA Live Entertainment Award“ in Frankfurt zähle ich ebenfalls dazu [Dort wurde der „Eurovision Song Contest 2011“ in Düsseldorf als „Beste Show des Jahres“ ausgezeichnet, die Red.]. Es ist gut, dass ich meinen Song „Standing still“ noch so oft durchgehen und viel singen kann.

Wie wirkt dieser Wettbewerb auf Sie? Haben Sie schon früher verfolgt?

Lob: Ich stelle ihn mir vor wie eine große Klassenfahrt, bei der viele Nationen zusammenkommen, Spaß haben und Musik machen. Denn dafür ist jeder dort, um Musik zu machen. Das schätze ich sehr an dem ganzen Trubel. Als Kind habe ich den früheren Grand-Prix selten verfolgt, dafür war ich noch zu jung. Aber seitdem dort Leute wie Max Mutzke oder Lena Meyer-Landrut auftreten, sehe ich auch zu. Seitdem bin ich richtig dabei.

Spüren Sie heute die Magie, die von diesem Event ausgeht?

Lob: Ja, diese Magie kann man gut verstehen, es ja eine Riesen-Veranstaltung, eine Wahnsinns-Show, bei der alles spektakulär ist. Dem kann ich mich nicht entziehen.

Interessieren Sie sich auch für Land und Leute im Gastgeber-Staat?

Lob: Auf jeden Fall. Und ich interessiere mich sehr für Aserbaidschan, eben weil man dort nicht so ohne weiteres hinkommt. Wann komme ich selbst noch einmal dorthin? Und ich habe noch niemals in meinem Leben gehört, dass jemand gesagt hätte: „So, ich fliege jetzt nach Aserbaidschan in die Sommerferien“.

Aber sollte ein Spektakel wie der „ESC“ in einem Land stattfinden, in dem Menschenrechte wie etwa die Meinungsfreiheit noch immer wenig gelten?

Lob: Das ist natürlich so eine Frage — und natürlich keine gute Sache. Das sehe sicherlich nicht nur ich so klar. Aber ich denke, dass durch den „ESC“, durch das Zusammenkommen so vieler Länder und die weltweite Ausstrahlung, andere Länder auf die Zustände in Aserbaidschan aufmerksam gemacht werden. Das öffnet vielleicht viele Augen und es geschieht eine Veränderung.

Verstehen Sie sich auch als Botschafter Deutschlands?

Lob: Ich bin vor allem ein Künstler, ein Musiker, der dorthin reist. Politik sollen andere machen. Aber ich denke schon, dass durch dieses große Ereignis alles aufgemischt wird und mancher Politiker aufwacht.

Haben Sie nach dem Gewinn bei „Unser Star für Baku“ den Atlas rausgeholt, um zu sehen, wo Aserbaidschan überhaupt liegt?

Lob: Nein. Das Erste, was ich gemacht habe, war noch in der Nacht nach dem Sieg das Video zu „Standing still“ zu drehen. Feiern war da erst mal nicht drin. Aber als alles im Kasten war, habe ich mir dann doch ein schönes Kölsch gegönnt. Da wusste ich übrigens auch schon, wo’s hingeht, denn ich hatte schon vorher im Atlas nachgeschlagen, wo Aserbaidschan zu finden ist. Da hatte ich längst abgecheckt, wo ich am Ende vielleicht hinfliege.

Und wer kommt mit?

Lob: Ein Teil meiner Familien wird dabeisein, zwei Leute aus meiner Band fliegen ebenso mit und natürlich das ganze Team, das gerade um mich herum ist. Die Kollegen von Trosifol haben eine Verlosung gemacht, bei der zwei von ihnen Eintrittskarten gewonnen haben. Ich hoffe, dass sie wirklich mitkommen!

Haben Sie sich mit dem Werdegang von Lena Meyer-Landrut befasst? Ist sie ein Vorbild für Sie?

Lob: Ja, das habe ich. Und man kann durchaus sagen, dass ich sie als Vorbild sehe. Schließlich hat sie das Ding nach Hause geholt! Allein das macht sie schon zu einem Vorbild. Und das ist auch mein Ziel, aber ich muss erst mal abwarten, wie mein Song in anderen Ländern ankommt. Ich möchte mir Lenas Lockerheit abschauen, die leichte Art, wie sie an die ganze Sache herangegangen ist. Ich versuche, meine Ruhe zu behalten und ein wenig wie sie zu sein. Fehler sind mir an ihr keine aufgefallen.

Könnten Sie sich denn vorstellen, wie sie ein zweites Mal beim „ESC“ anzutreten?

Lob: Wenn es gut läuft, warum nicht? Ich fand das gut, dass Stefan Raab noch einmal mit Lena ins Rennen gegangen ist, das hat mir gefallen. Stefan Raab ist auch ein Supertyp, der sich um vieles kümmert und immer für seine Musiker da ist. Und die Musik, die er schreibt, gefällt mir sehr. Er hat mir geraten, dass ich wirklich ich selbst bleiben, dass ich cool bleiben soll. Trotzdem soll ich ehrgeizig sein und immer versuchen, 100 Prozent zu geben.

Was für ein Gefühl ist es, dass Sie mit einem Song von Jamie Cullum antreten?

Lob: Wahnsinn! Das freut mich sehr, weil Jamie Cullum ein großer Musiker ist. Ich habe eine Platte von ihm, die einfach super ist. Ich finde viele seiner Songs richtig spitze, und jetzt einen davon singen zu dürfen, das ist eine große Ehre für mich. Wir, Jamie und ich, planen ein Treffen — und ich hoffe, dass es noch vor dem „ESC“ geschieht. Es ist auf jeden Fall ein Plan, dass wir uns mal zusammensetzen und vielleicht auch mal zusammen Musik machen. Mal schauen, was draus wird.

Haben Sie ein Ritual, bevor Sie auf die Bühne gehen?

Lob: Eher weniger. Meistens bin ich aber sehr aufgeregt. Ich versuche halt immer wieder runterzukommen, aber das ist schwer. Ein richtiges Ritual habe ich dafür jedoch nicht.

Haben Sie schon einen Blick auf die Konkurrenz in Baku geworfen?

Lob: Ja, das habe ich. Allerdings habe ich noch nicht alle Kandidaten abgecheckt. Aber viele. Und es sind wirklich starke Leute dabei, vor denen ich großen Respekt habe. Ich finde Norwegen sehr gut, Tooji ist ein sehr guter Sänger mit einer tollen Nummer. Aber am Ende entscheiden die Zuschauer vor dem Fernsehbildschirm, was am besten ankommt. Aber Norwegen ist schon mein persönlicher Favorit.

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