Depeche Mode: Chefs mit neuem Album auf Abwegen

Vince Clarke und Martin Gore tun sich für das Album „Ssss“ zusammen.

London. Depeche Mode-Fans sind treu. Also ist die Freude entsprechend groß, wenn verloren geglaubte Mitglieder wieder im Kreise der Gruppe zu sehen sind.

Zum Beispiel die Zusammenarbeit von Sänger Vince Clarke (51), der von 1980 bis 1981 bei Depeche Mode den Ton angab und seit 1985 der eine Teil des Duos Erasure ist, und dem amtierenden Kopf Martin Gore (50), Keyboarder, Gitarrist, Songschreiber und Sänger. Unter dem Namen VCMG veröffentlichen sie am Freitag ihr Album „Ssss“.

Per E-Mail soll Clarke bei Gore angefragt haben, ob er nicht Lust auf ein rein instrumentales Elektroalbum habe. Der wollte durchaus, aber nur, wenn es ohne Zeitdruck ablaufe. Dank der digitalen Vernetzung haben sie nun eine gemeinsame Platte gemacht, ohne sich auch nur einmal im Studio zu treffen.

Dateien wurden hin- und hergeschickt, bis beide Seiten mit dem Ergebnis zufrieden waren. Und es müssen eine Menge Dateien gewesen sein, denn das Album ist eine vielschichtige Ansammlung von Tanzbrettern geworden.

Die Stücke auf „Ssss“ sind zeitgemäß, auch wenn Clarke und Gore die Grundlagen zu dieser Art elektronischer Musik schon 1981 mit Depeche Modes Debüt „Speak & Spell“ gelegt haben.

Die Beats, Bässe und Arpeggios funktionieren immer noch. Lediglich bei Stücken, die man eher Gore zuschreibt, werden neuere Einflüsse deutlich, während bei Clarke der Disco-Soul der 70er Jahre den Grundton angibt — elektronisch übersetzt natürlich.

Erstaunlich ist, dass keine VCMG-Single als CD auf den Markt kommt, sie erscheinen nur als Download und Vinylschallplatte. Lediglich das Album steht als Silberling im Laden.

Dass CD-Singles ohne hohe Chartplatzierung meist mehr kosten als einspielen, ist bekannt. Neu und erschreckend ist aber, dass selbst Schwergewichte wie Depeche Mode davon betroffen sind.

Man merkt dem Album „Ssss“ an, dass es ohne vordergründige Gewinnabsicht produziert wurde. Sicher, Clarke und schon gar nicht Gore müssen sich wohl je wieder Gedanken um ihren Finanzstatus machen und können sich einen Plus-Minus-Null-Exkurs leisten. Trotzdem schön, dass sie ihre Musik immer noch aus Spaß an der Kunst machen.

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