Chansons: Max Raabe schmachtet gern

Der Künstler und sein Palastorchester starten in Berlin ihre große 70-Städte-Tournee mit einem vergnüglichen Unterhaltungsabend.

<strong>Berlin. Tusch, Pauke, Pomp und Glanz, ein jubelndes Publikum im ausverkauften Berliner Admiralspalast: Als gelte es, dem Titel ihres neuen Konzertprogramms "Heute Nacht oder nie" gerecht zu werden, inszenieren Max Raabe und sein Palast Orchester den Auftakt zur Deutschland-Tournee im Berliner Admiralspalast sehr amerikanisch. Die Premiere des Programms aus teils zuvor bereits eingespielten Stücken fand ja auch bereits im Oktober jenseits des großen Teiches in Los Angeles und New York statt und war, eben "alles oder nichts" vorausgesetzt, ein Bombenerfolg. Zum Glück hat der fesche Max nichts von seinem europäischen Charme verloren. Das Palast Orchester wechselt zu kleineren Tönen, und so setzt man in gedämpftem Foxtrott fort, uff ta uff ta, "Heute Nacht oder nie", denn die Hoffnung auf etwas Liebesglück kommt auch mal auf leisen Sohlen. Auch dann allerdings mit hoher Stimmung.

Der Mann mit den elastischen Stimmbändern

Und während Raabe in schlanker Tenorlage schmachtet "Hör mein Lied, Violetta" und "Ich küsse Ihre Hand, Madame", süßholzt "Du bist meine Greta Garbo" oder, solo am Flügel begleitet, den einsamen Walzer vom "Liebesleid" säuselt, setzt er als Conférencier mit sattem Bass Gegenakzente. Es geht um die Liebe, natürlich, um jenes "brennende Empfinden". Das könne man an diesem Abend jedoch nicht klären, lediglich weiter zur Verwirrung beitragen. Was der Mann mit den elastischen Stimmbändern mittels Wort und Gesang denn auch genüsslich tut.

Und dann kommt der große Cou: "Ist heute Abend zufällig ein Bassbariton im Saal?", fragte der staatlich geprüfte Bariton Raabe augenzwinkernd, und prompt kam der Bariton auch tatsächlich auf die Bühne. Im Quartett sangen Quasthoff, Raabe und zwei seiner Musiker im schönsten Comedian-Harmonist-Stil das alte deutsche Volkslied "In einem kühlen Grunde".

Die langen Phrasen gehobener Unterhaltung aus der Zeit unserer Großeltern werden mit derartiger Perfektion, musikalisch präzise, voller frischem Witz und Sinn für Ironie dargeboten, dass ihre Zeitlosigkeit aufblitzt, eine Art melancholischer Lebensschalk. "Wer weint heut’ aus Liebe Tränen?" erklingt schaurig-schön das Herrenquartett; die virtuosen Multiinstrumentalisten des Palastorchesters sind auch sangeskundig.

"Du du dudl du" persifliert erste Anmache, das Bass-Saxophon intoniert männliches Selbstverständnis, und dann segelt - "Stars shining bright above you" - noch ein ferngesteuerter Miniaturzeppelin übers Publikum. Ein Potpourri von allem also: Show, Rhythmen von Rumba bis Tango, Endzwanziger-Kabarett, als sich "Rosa" noch auf "im Trikot sah" reimte, Filmmusik, Bigband, Weill und amerikanische Klassiker.

Dauer 2 1/4 Std., 1 Pause

Termine 12. April, Dortmunder Konzerthaus 13. November, Historische Stadthalle Wuppertal 14. November, Stadthalle Hagen 17. November, Philharmonie Essen 19. November Tonhalle Düsseldorf 21. November Kölnarena

Live-Mitschnitt Aus der Carnegie-Hall von "Heute Nacht oder nie" als Doppel-CD im Handel.

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