Arcade Fire und die Folgen: Indierock aus Kanada

Berlin (dpa) - Indierock aus Kanada ist längst eine eigene Marke. Global erfolgreiche Ahornblatt-Bands wie Arcade Fire sind noch die Ausnahme - aber potenzielle Nachfolger schon in Sicht: Zeitgleich erscheinen jetzt Alben von The Besnard Lakes und The Loodies.

Besonders THE BESNARD LAKES haben alles, um richtig groß zu werden und es damit den Grammy-Gewinnern und Millionensellern um die Butler-Brüder aus Montreal gleichzutun. Auf dem dritten Studioalbum seit 2007 lebt das Ehepaar Olga Goreas/Jace Lasek seine turmhohen Ambitionen und Arrangements so hemmungslos aus wie Arcade Fire vor ihrem weltweiten Durchbruch. Auf dem Werk mit dem rätselhaften Titel „Until In Excess, Imperceptible UFO“ (Jagjaguwar/Cargo) bauen The Besnard Lakes in acht langen Liedern monumentale Klang-Kathedralen, die den Hörer am Ende ehrfürchtig, aber auch erschlagen zurücklassen.

Goreas und Lasek teilen sich den oft ätherischen Gesang, für die kraftvolle Instrumentierung ihrer Cinemascope-Songs haben sie sich mit Kevin Laing und Richard White bewährte Helfer ins Montrealer Breakglass-Studio geholt. Am besten lässt sich der Sound dieser eigenwilligen Band als Schnittmenge aus Beach Boys und Beach House beschreiben. Die herrlichen Melodien der kalifornischen Sixties-Popikonen sind besonders in Songs wie „And Her Eyes Were Painted Gold“ oder „The Specter“ zu hören. Da trifft dann tatsächlich Brian Wilson auf den leicht halluzinogenen Dreampop der Nuller-Jahre.

Bei anderen Stücken standen die noisigen Postrock-Soundscapes von Bands wie Godspeed You! Black Emperor oder Mogwai Pate. Bei all diesen ehrenvollen Vergleichen aber machen The Besnard Lakes etwas sehr Eigenes: wunderschöne, wagemutige und virtuose Popmusik, die nicht auf Massenerfolg schielt - und ihn in heutigen Zeiten gerade deshalb erreichen könnte. Auf diesem Trip dürften also nicht nur Fans des kanadischen Alternative-Rocks begeistert mitreisen.

Der Besnard-Lakes-Frontmann bildet auch die Brücke zu THE LOODIES, einer hoch talentierten Indiefolk-Band aus seiner Heimatstadt Montreal. Lasek hat das Loodies-Debüt „Edgy Ground“ (Indica/Cargo) produziert - zusammen mit Howard Bilerman (Arcade Fire), dessen Einflüsse sich im Loodies-Sound ebenfalls finden lassen. Manches hier erinnert auch an die herrlich versponnenen Lieder des Landsmannes Patrick Watson, der wiederum selbst ein Abnehmer der Produktionskünste von Jace Lasek ist.

Im Montrealer Indiepop-Dreieck Besnard Lakes/Arcade Fire/Patrick Watson bewegt sich also die Musik von The Loodies. Das ist noch nicht wirklich eigenständig oder gar innovativ, aber ganz sicher ein sehr vielversprechender Anfang - sind die fünf Bandmitglieder mit so schönen frankokanadischen Namen wie Ludovic Alarie, Lysandre Ménard oder Philippe L'Allier doch alle unter 20. Das Quintett traut sich unter der Regie der beiden Top-Produzenten auch üppige Streicher- und Bläser-Arrangements zu, setzt auf Alaries fragile (englischsprachige) Lead-Vocals - und hat damit eine vielversprechende Zukunft vor sich.

Konzerte The Besnard Lakes im Juni: 7.6. Zürich, 8.6. Köln, 9.6. Berlin, 10.6. München

Konzerte The Loodies im April: 9.4. Offenbach, 12.4. München, 13.4. Darmstadt, 14.4. Berlin

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