Andrea Schroeder: Dunkle Stimme, düstere Songs

Berlin (dpa) - Ein Allerweltsname, aber keine Allerweltsmusik: Andrea Schroeder aus dem Berliner Stadtteil Wedding steht vor dem Durchbruch. Ihr zweites Album mit atmosphärischem Folkrock und dunklen Chansons berechtigt zu großen Hoffnungen.

Andrea Schroeder: Dunkle Stimme, düstere Songs
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Mit Stil-Schubladen tut sich Schroeder schwer: „Ich weiß eigentlich auch nicht so recht, wo meine Musik hingehört. Sie ist wohl ein Sammelsurium.“ Also nennen es manche Experten „Chanson noir“, „Gothic-Rock“ oder „Dream-Pop“, was die attraktive Berliner Sängerin mit der tiefen Stimme seit einigen Jahren macht. All das trifft ihren schwermütigen, amerikanisch angehauchten Sound irgendwie - und doch auch wieder nicht.

Schroeders zweites Album „Where The Wild Oceans End“ widersetzt sich erneut der simplen Einordnung - und dies macht die Sache so interessant, dass immer mehr Kritiker und Fans aufhorchen. Neun faszinierende Lieder zwischen entschleunigtem Folkrock und bluesigen Balladen hat sie mindestens mitgeschrieben, Produzent war wieder Chris Eckman von der hoch geschätzten US-Band The Walkabouts.

Eine deutschsprachige Coverversion von David Bowies „Heroes“ stellt sie mit größter Selbstverständlichkeit dazwischen - nicht viele hätten diesen Mut, und ja, der ikonische Berlin-Song aus den späten 70er Jahren klingt fabelhaft in Schroeders rauchiger „Helden“-Interpretation. Einen Bezug zu ihrer Wahlheimat, dem Stadtteil Wedding, hat auch „Ghosts Of Berlin“ - das Video zu dem Lied besteht aus Bildern des 1927 gedrehten Dokumentarfilms „Die Sinfonie der Großstadt“ von Walther Ruttmann.

Ein gewisser (zum Glück nie unangenehmer) Kunstanspruch ist dem Nachfolgealbum des bereits kräftig gefeierten Schroeder-Debüts „Blackbird“ (2012) also anzumerken. Kein Wunder, hat die in der ostwestfälischen Provinz aufgewachsene Singer/Songwriterin - ihr Alter verrät sie nicht - doch schon eine intensive Wanderschaft hinter sich. Dabei kam sie früh mit Poesie und Malerei in Berührung, absolvierte eine klassische Gesangsausbildung und hatte Gospel-Engagements, arbeitete auch mal als Model.

Die langjährige Unsicherheit über den eigenen künstlerischen Weg endete, als Schroeder nach einer Operation zeitweise ihre Stimme verlor. „Als die wiederkam, war das ein Zeichen für mich: Du hast nur ein Leben...“, erzählt sie im Interview der Deutschen Presse-Agentur. 2007 lud sie im Internet den ersten eigenen Song hoch, bald stießen Eckman und das Indie-Label Glitterhouse auf die bereits ungewöhnlich ausgereifte Musikerin.

Mit dem dänischen Gitarristen Jesper Lehmkuhl fand Schroeder einen kongenialen Kreativpartner, mit ihm bastelt sie bis heute an Songs. Der atmosphärische Bandsound ist oft von Melancholie geprägt: „Sehnsucht, Heimweh, Fernweh, das steckt einfach in mir drin. Als persönlichen Ausdruck singe ich eben solche Lieder und nicht einen Gospelsong wie 'Oh Happy Day', obwohl ich durchaus fröhlich sein kann.“ In Stücken wie „Dead Man's Eyes“ oder „The Spider“ kommen Grusel-Elemente hinzu.

Wichtigste Trumpfkarte der im Konzert sehr damen-, durchaus auch divenhaft wirkenden Musikerin ist ein Gesangsstil, der bereits zu ehrenvollen Assoziationen wie Marlene Dietrich oder Nico führte. „Die Dietrich finde ich göttlich, aber in diesen direkten Vergleich will ich nicht reingehen“, wehrt Schroeder ab. Und die deutsche Velvet-Underground-Sängerin? „Nico kannte ich vorher gar nicht. Weil ich ebenfalls Harmonium spiele und eine dunkle Stimme habe, kam wohl der Vergleich zustande. Erst danach habe ich mich in Nicos Soloalben reingehört.“

Bei allem Lob und aller willkommenen Hilfestellung erfahrener Kollegen will Andrea Schroeder künstlerisch eigenständig bleiben - und immer noch lernen. Mit ihrem zweiten Album sieht sie sich ein Stück weiter „auf dem Weg zum eigenen Ausdruck“. Ob irgendwann ein komplett deutschsprachiges Album oder eines voller Coverversionen à la „Heroes/Helden“ folgt, lässt sie offen.

Dass ihre Karriere im In- und Ausland mit äußerst positiven Attributen begleitet wird, freut Schroeder - und macht sie zugleich „ganz schwindelig“. Denn: „Beim zweiten Album hat man Angst, dass man geköpft wird.“ Die enorme Qualität von „Where The Wild Oceans End“ spricht indes dagegen, dass dies nun passiert.

Tourdaten: 12.03. Chemnitz, 13.03. Göttingen, 14.03. Bad Homburg, 15.03. Salzwedel, 02.04. München, 11.04. Bielefeld, 12.04. Magdeburg, 15.04. Reutlingen, 20.04. Leipzig, 23.04. Köln, 25.04. Berlin

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