Münchens Traum von der Isarphilharmonie

München (dpa) - Die Idee klingt gut: ein großes Konzerthaus mitten in der Isar. Die Pläne für einen neuen Münchner Musiksaal sind 2011 so konkret geworden wie noch nie.

Eine von Kunstminister Wolfgang Heubisch (FDP) eingesetzte Arbeitsgruppe hat sich auf zwei von 15 Standortvorschlägen geeinigt - und keinen Hehl daraus gemacht, welchen von beiden sie bevorzugt. Nach Jahren des Diskutierens träumt München von einer Isarphilharmonie.

Heubisch und seine Arbeitsgruppe wünschen sich eine Konzerthalle auf der Isarinsel, im oder auf dem Gelände des alten Kongresssaals des Deutschen Museums - und damit genau an der Stelle, an der schon Jazz-Legende Ella Fitzgerald und Klassik-Größen wie Maria Callas oder Herbert von Karajan aufgetreten sind.

„Bei den Musikfreunden in München spürt man eine sehr große Affinität zu diesem Kongresssaal“, sagt Heubisch, der dort selbst noch Rod Stewart gelauscht hat und jetzt in ganz großen Kategorien denken will. Ein Umbau des Gebäudes ist im Gespräch oder auch ein Abriss. Den zweiten Standortvorschlag seiner Arbeitsgruppe, den sogenannten Finanzgarten in der Nähe der bayerischen Staatskanzlei, hält Heubisch für ungeeignet.

München sei eine international renommierte Musikstadt mit drei herausragenden Orchestern, sagt der bayrische Kunstminister. Und das soll man in Zukunft auch sehen können. Von einem wichtigen „Lokomotiv-Projekt“ für die Musikentwicklung spricht der Chefdirigent des BR-Symphonieorchesters, Mariss Jansons. Seit Jahren setzt er sich für eine neue Heimat für sein Orchester ein, das jetzt zwischen dem zu kleinen Herkulessaal in der Residenz und einigen Belegzeiten in der von den Münchner Philharmonikern besetzten Philharmonie etwas in der Luft hängt.

Die Philharmonie im 25 Jahre alten Massivbau Gasteig ist ohnehin umstritten. Zahlreiche Spitzenmusiker übten immer wieder Kritik an der Akustik in dem 1980er-Jahre-Saal mit Schulaula-Anmutung. Sir Simon Rattle sorgte für Aufregung, weil er sagte, er fahre mit seinen Berliner Philharmonikern inzwischen lieber nach Wuppertal als nach München. Ohne einen neuen Musiksaal - so die Sorge der Befürworter - gerät die Musikstadt München ins Hintertreffen.

Unumstritten ist das Projekt jedoch nicht - auch aus Denkmalschutz-Gründen. „Immerhin geht es hier um den nach seiner Errichtung größten Stahlskelettbau und größten Bibliotheksbau seiner Zeit“, wirft Generalkonservator Egon Johannes Greipl ein und bemerkt diplomatisch: Er sei „zuversichtlich, dass sich die Diskussion um den Konzertsaal mit der Geschichte und ihrem Erbe auseinandersetzt“. Bei der Grundsteinlegung für den Stahlbau war der damalige Reichspräsident Paul von Hindenburg anwesend.

Zwar äußert Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), der bei der Landtagswahl 2013 bayerischer Ministerpräsident werden will, seine Bedenken derzeit nicht mehr so laut wie früher. Die finanzielle Belastung für Bayern bleibt aber immens, auch wenn Heubisch verstärkt auf private Spender setzen will. 200 bis 300 Millionen Euro dürfte das Projekt mindestens kosten. Darüber hinaus stehen weitere Projekte an: Die Neue Pinakothek muss saniert werden, die der Moderne auch und das Gärtnerplatztheater wird vom kommenden Jahr an für 70 Millionen Euro renoviert.

Und ein Blick in den Norden zeigt, dass ein Konzertsaal-Projekt aus dem Ruder laufen kann. Das neue Konzerthaus in Kopenhagen verschlang rund anderthalb Milliarden Kronen (etwa 230 Millionen Euro), fast dreimal so viel wie ursprünglich geplant. Und auch die Vorgänge um die Elbphilharmonie sind Wasser auf die Mühlen der Kritiker in München. Das Hamburger Prestigeprojekt macht bislang in erster Linie mit immer neuen Kostenexplosionen von sich reden.

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