Mit Stéphane Hessel geht ein herzenswarmer Mensch

Paris. Kerzengerade sitzt er an diesem Februarmorgen auf dem braunen Ledersofa in seiner kleinen Pariser Wohnung im 14. Arrondissement. Stéphane Hessel, längst a. D., verkörpert auch mit 93 Jahren noch die hohe französische Diplomatenschule.

Ein gebildeter und herzenswarmer Mann voller Würde und Charme, aufgeräumt, nachdenklich und von ansteckender Ungeduld.

Auf den Tag genau zwei Jahre liegt diese Begegnung zurück. Da hatte sein Bändchen „Empört Euch!“, eine millionenfach gelesene Streitschrift gegen Raubtierkapitalismus, Fremdenhass und soziale Ungerechtigkeit, gerade die Bestsellerlisten in Frankreich und Deutschland erstürmt.

Protest, Empörung und Zivilcourage haben Hessels Leben geprägt. 1917 wurde er im Berlin der Kaiserzeit in eine jüdisch-protestantische Familie geboren, die 1925 nach Paris zog. 1941 schloss er sich der Résistance an, wurde 1944 von der Gestapo verhaftet und überlebte mit viel Glück das KZ Buchenwald.

Als Diplomat und UN-Botschafter kämpfte er weiter für die Menschenrechte. Und er liebte es bis ins höchste Alter, Menschen zu verblüffen, indem er deutsche Gedichte auswendig rezitierte wie Platens „Ich möchte, wenn ich sterbe, wie die lichten/Gestirne schnell und unbewußt erbleichen.“ In der Nacht zu Mittwoch ist Stéphane Hessel im Alter von 95 Jahren in Paris gestorben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Liebe und Hass in der Vorstadt
Peter Kurth und Peter Schneider ermitteln im „Polizeiruf“ nach einem Kindsmord in Halle/Saale Liebe und Hass in der Vorstadt
Zum Thema
Aus dem Ressort