Vor 120 Jahren wurde Otto Dix geboren

Gera (dpa) - Schonungslos legte Otto Dix in seinen Bildern die Gräuel des Ersten Weltkrieges offen. Aber auch die Schattenseiten und die Spießigkeit der bürgerlichen Gesellschaft attackierte er in seinem Werk, das die Nazis als „entartet“ ächteten.

„Trau deinen Augen“ lautete sein Wahlspruch, und so avancierte der Maler und Grafiker zu einem großen Realisten und Expressionisten der Neuen Sachlichkeit. Und er gehörte zu den wenigen Künstlern seiner Zeit, die nach dem Zweiten Weltkrieg in West und Ost geehrt wurden.

An diesem Freitag (2. Dezember) vor 120 Jahren wurde Dix in Untermhaus, einem heutigen Stadtteil von Gera, geboren. Hier wuchs er als Arbeiterkind auf, besuchte die Volksschule und machte eine Lehre zum Dekorationsmaler. Sein Elternhaus habe angesichts seiner begrenzten Ressourcen viel unternommen, um Dix' Talent zu fördern, erklärt der Leiter der Geraer Kunstsammlung, Holger Saupe. „Die tiefste Prägung aus Thüringen ist sein Skeptizismus, hat er einmal gesagt.“

Von 1910 an ermöglichte ihm ein Stipendium des Fürsten Reuß den Besuch der Kunstgewerbeschule in Dresden. In der Elbestadt studierte er die Alten Meister, kam mit dem Malstil van Goghs in Berührung und probierte sich selbst in verschiedenen Stilen aus. Dabei suchte er in seiner Kunst einen Weg dichter heran an die Wirklichkeit, wie der Kunstgeschichtler Dietrich Schubert in seiner Dix-Biografie schreibt.

Im Alter von 22 Jahren meldete sich Dix freiwillig zum Kriegsdienst und wurde MG-Schütze. Sich selbst bezeichnete er später als „Wirklichkeitsmensch“: „Alle Untiefen des Lebens muss ich selber erleben; deswegen gehe ich in den Krieg, und deswegen habe ich mich auch freiwillig gemeldet.“ Seine Kriegserlebnisse verarbeitete er in Bildern, die Anklagen gegen Krieg und Militarismus sind, wie das Gemälde „Schützengraben“ und das Triptychon „Der Krieg“. Doch auch ausgemergelte Strichmädchen und vergnügungssüchtige Großstadtmenschen malte er und befasste sich mit der triebhaften menschlichen Natur.

Den Nationalsozialisten war seine Kunst ein Dorn im Auge: 1933 verlor er seine Professur an der Dresdner Kunstakademie, seine Kunst wurde als „entartet“ diffamiert und etliche Werke wurden zerstört. Dix selbst zog sich an den Bodensee in die innere Emigration zurück. Verstärkt widmete er sich nun Landschaftsbildern, wandte sich aber auch religiösen Motiven zu. Nach dem Zweiten Weltkrieg, bei dem er in den letzten Monaten zum Volkssturm eingezogen wurde und in französische Gefangenschaft geriet, wurde er in Ost und West geehrt. Auf der documenta I war er noch vertreten, doch dann verschob sich dort das Kunstinteresse zunehmend hin zum Abstrakten, was Dix ablehnte. Im Alter von 77 Jahren starb er in Singen am Bodensee.

Noch drei Jahre vor seinem Tod war Dix zum Ehrenbürger seiner Heimatstadt ernannt worden, die sich seit einigen Jahren mit dem Titel „Otto-Dix-Stadt“ schmückt. Die ursprünglich zu seinem 120. Geburtstag geplante Eröffnung des neuen Kunsthauses ist zwar wegen finanzieller Probleme in weitere Ferne gerückt, doch eröffnet die Kunstsammlung Gera eine Retrospektive mit rund 200 Arbeiten aus dem eigenen Fundus sowie Leihgaben. Unter dem Motto „Salute Dix!“ ist zudem eine Party im künftigen Kunsthaus geplant, und das Theater Altenburg-Gera präsentiert noch einmal das Ballett „Dix 2011“.

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