Rosemarie Trockel: Mehr Berserkerin als Primadonna

Rosemarie Trockel ist die Nummer vier im internationalen Kunstbetrieb — und hat dennoch keine Starallüren. Am Dienstag wird sie 60.

Köln/Düsseldorf. Rosemarie Trockel, die wichtigste Künstlerin auf dem internationalen Parkett, Nummer vier der Weltelite, wird am Dienstag 60 Jahre alt. Und noch immer ist sie keine Primadonna, sondern eine Berserkerin.

Ihr Werk ist in ständiger Bewegung. Beißender Witz kommt mit Beklommenheit einher. Im Vexierspiel begegnen sich Menschliches und Animalisches. 1997 baute sie mit Carsten Höller auf der Documenta X ein Haus für Schweine und Menschen, wobei die Zuschauer die Kunst des Lebens betrachten konnten.

Trockel kämpft gegen die verfehlte Kulturpolitik in Köln und für ihre Akademieklasse in Düsseldorf. Statt Interviews zu geben, baut sie lieber ihre nächste Ausstellung irgendwo auf einem Kontinent auf, oft in Zusammenarbeit mit jüngeren Kollegen, die sie fördern will.

Die Tochter eines Maschinenbauingenieurs aus Schwerte beginnt 1971 ein Lehramtsstudium an der Kölner Pädagogischen Hochschule mit den Fächern Anthropologie, Soziologie, Theologie und Mathematik.

1974 wechselt sie zur Kölner Werkkunstschule und lässt sich weniger von Stars als von Exponaten im Völkerkundemuseum inspirieren. Masken untersucht sie auf ihre magische Bedeutung. Aus der Anthroposophie wächst ihre Beschäftigung mit den Fragen der Menschheit.

Ausgerechnet mit Strickbildern, die sie maschinell herstellen lässt und mit politischen Zeichen oder Firmenlogos versieht, wird sie berühmt. Seit den 1980ern gilt sie als führende Konzeptkünstlerin.

Für ihre ironische, bizarre oder groteske Kunst, für heiße Herdplatten gegen achtlose Kunstgänger oder schwarze Phalli mit Kabel und Steckdose erhält sie ihre Auszeichnungen.

Düsseldorf verleiht ihr den Kunstpreis für ihre „radikale Experimentierfreude, ihr spielerisches Oszillieren zwischen den Medien und ihr politisches Engagement.“ Nun bereitet sie für Februar eine Retrospektive in der Londoner Serpentine Gallery vor, in Kooperation mit dem Museum Reina Sofia in Madrid.

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