Fotograf Willy Gursky: „Ich bin durch Andreas jung geblieben“

Interview: Der Fotograf ist stolz auf seinen berühmten Sohn Andreas. Und dieser hört auf das Urteil seines Vaters.

Düsseldorf. Andreas Gursky, einer der berühmtesten Fotokünstler weltweit, ist aus der Klasse von Fotograf Bernd Becher hervorgegangen. Aber er ist zugleich Teil einer eigenen Dynastie, der Gursky-Familie. Sein Großvater Hans war Porträtist und Werbefotograf, sein Vater Willy begleitete mit der Kamera das deutsche Wirtschaftswunder, und er selbst stellte gerade bei Gagosian in Los Angeles aus, der Nummer eins unter den Galerien. Ein Gespräch mit dem Senior Willy Gursky (88).

Willy Gursky: Ja, mit Charles Wilp und F.C. Gundlach. Wir waren alle Mitglieder im BFF, dem Bund Freischaffender Fotodesigner.

Gursky: Ja, mein Vater, ich und mein Sohn. Und vielleicht kommt jetzt noch die vierte Generation, durch den Enkel Victor. Er wird 19 und besucht noch die Schule. Es könnte sein, dass auch er "Ja" zur Fotografie sagt.

Gursky: Ein Onkel hatte sein Büro in Essen und arbeitete für Krupp. Das war für die DDR interessant. Er gab mir einen fingierten Auftrag, so dass ich mit dem Auto und ein paar Kameras ausreisen durfte. Vom Westen aus schickte ich meiner Frau ein Glückwunsch-Telegramm, um von der Flucht abzulenken. Und sie kam mit Kind, Hund, Kinderbett und Kinderwagen am 30.Dezember 1955 im Zug rüber.

Gursky: Ja, ich habe im Krieg die Kunstakademie besucht. Ich bin sehr durch das Licht in der Malerei beeinflusst. Die Porträts und Genre-Szenen haben immer dieses einseitige Rembrandt-Licht.

Gursky: Ja, bei Königspils hat der Dreijährige auf der Kiste gesessen, der Inhaber der Königs-Brauerei hat Bier gezapft, und ich habe fotografiert.

Gursky: Ja, wir haben in Düsseldorf eine zeitlang zusammengearbeitet. Dann hat er es aber gelassen, er wollte frei sein. Er studierte in Essen auf der Folkwang-Schule und in Düsseldorf auf der Kunstakademie bei Bernd Becher.

Gursky: Wir haben immer einen guten Kontakt zueinander gehabt. Andreas fragt mich auch heute noch nach meinem Urteil. Es ist eine gegenseitige Befruchtung. Wir sprechen über Farben und Ausschnitte.

Gursky: Die Lichtführung. Ob ich ihn bei der Gestaltung inspiriert habe, weiß ich nicht, er macht ja keine Porträts. Seine Fotos sind sehr sozialkritisch, denken Sie an "99 Cents", "Prada II", die Vorstands-Vorsitzenden. Andreas gehört zu den ersten fünf Fotografen weltweit, weil er anders ist. Er gibt sich nicht damit zufrieden, eine schöne Landschaft mit untergehender Sonne zu zeigen. Das reicht heute nicht mehr.

Gursky: Er engagiert sich für die jungen Leute, sie sind auf seinen Ausstellungen dabei. Und dann heißt es: Da sind ja auch die Eltern. Das tut gut. Ich bin durch Andreas jung geblieben.

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