Ein Schalk feiert seinen 70.

Porträt: Düsseldorfer Hans-Peter Feldmann gilt als Antiheld des Kunstmarktes. Am Montag hat er Geburtstag.

Düsseldorf. Als Hans-Peter Feldmann zur Biennale von Venedig eingeladen wurde, schuf er ein surreales Schattenspiel aus wippendem Wackelhund und Kunststoff-Kuh, aus Totengerippe und Korkenzieher, vor dem das Publikum wie angewurzelt stand. Für das Skulptur-Projekt Münster möbelte er eine Souterrain-Toilette durch bunte Kacheln ästhetisch auf und hängte ein Blumenbild in den Vorraum. Die erleichterte Bevölkerung schickte ihm Dankesbriefe. Er ließ Michelangelos David aus dem Museumsshop haushoch vergrößern und grellbunt abgießen. Die Menschen bewundern den poppigen Götter-Helden. Am Montag wird dieser hintersinnige Schalk der Kunstszene 70 Jahre alt. Er werde vorher feiern, sagt er, damit er am Tage selbst ausschlafen könne.

Ursprünglich wollte er an der Düsseldorfer Kunstakademie Kunst studieren. Daraus wurde nichts, denn er konnte weder zeichnen noch malen. Er wechselte an die Berufskunstschule nach Linz, wo er selbst feststellte, dass man ihn zu Recht in Düsseldorf abgewiesen hatte. Er kellnerte in der Düsseldorfer Altstadt, half seinem Vater im Drogerie-Geschäft und konzentrierte sich dann auf Blech-Spielzeug, Elfenbein-Schiffe oder alte Film-Instrumente, die er auf Trödelmärkten kaufte und im eigenen Wunderkammer-Laden in der Düsseldorfer Altstadt feilbot. Museen wurden auf seine Schätze aufmerksam. Nach Ladenschluss trug er Fotos und Objekte zu Themen wie Fußballspieler, Hausecken, Knie oder rote Lippen schöner Frauen zusammen, um sie in Museen zu zeigen.

Er entwickelte sich zu einem der wichtigsten Konzeptkünstler, eine Bezeichnung, die er verabscheut, weil sie so glanzlos ist. Er sieht sein Metier als Künstler ironisch und subversiv. Dieser Aussteiger aus der Kunst hält sich nicht an die Regeln des Marktes. Seine Fotos sind oft nur Kopien, seine Gemälde billige Repliken, die auf dem Kopf stehen. Sein Werk bleibt unsigniert, undatiert und ohne Titel. Die Zeiten, als er in die Kataloge biss, anstatt sie zu signieren, sind nur deshalb vorüber, weil seine Zähne dies nicht mehr zulassen. Dem Porträt von Karl Marx, von einem Anonymus hergestellt, verpasste Feldmann schielende Augen. Wenn das Bild schon nicht echt sei, könne der Mann durchaus schielen, sagt er.

So viel Humor und kindliche Spielfreude, so viel Anti-Haltung zum Kunstmarkt hat es in der Kunst selten gegeben. Vielleicht ist dies ein Grund, warum es neuerdings geradezu einen Feldmann-Boom gibt. Bis vor zehn Jahren ein No-Name, nimmt er jetzt beim internationalen Kunstranking Platz 145 ein. Kürzlich wurde ihm der mit 100 000 Dollar hoch dotierte Hugo-Boss-Preis des Guggenheim Museums in New York verliehen.

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