Dedo von Kerssenbrock-Krosigk: Spross eines Söldners als Glas-Spezialist

Ehrenhof: Dedo von Kerssenbrock-Krosigk leitet seit 1. August das Glasmuseum Hentrich.

Düsseldorf. Dedo von Kerssenbrock-Krosigk, der neue Leiter des Glasmuseums Hentrich im Düsseldorfer museum kunst palast, ist etwas Besonderes. Der 41-jährige Hüne von einem Mann, Vater von drei Kindern, ist soeben aus dem Corning Museum in Amerika eingeflogen, der Nummer eins unter den Spezialmuseen des Glases weltweit.

Er selbst gehört zu jenen zehn Global Playern in der Wissenschaft des Glases, die sich in der 5000 Jahre alten Kunst auskennen. Er hat die Nachfolge von Helmut Ricke angetreten, der Düsseldorf zu einer internationalen Schaltstelle des Glases gemacht hatte, mithilfe des Mäzens Helmut Hentrich.

"Von Krosigk", wie er sich am Telefon verkürzt nennt, ist mit der Weserrenaissance groß geworden. "Niederer Adel", gibt er zur Erklärung. Sein Schloss wurde 1584 von einer geborenen Anna van Canstein, verwitweten von Kerssenbrock gebaut.

Ihr Mann war Söldner, der Neue vom Ehrenhof ist mithin Spross einer Söldnerfamilie. Das Schloss war mit keiner Gerichtsbarkeit verbunden. Als müsse er sich entschuldigen, sagt er: "Es war eine reine Residenz. Weil das Schloss kein Eigentum bringt, ist es ja nur eine Last." Immerhin: Es hat sich bis heute erhalten.

Der Neue im Ehrenhof ist ein Spezialist der Kunst alter Zeiten. In Amerika erregte er soeben internationales Aufsehen mit einer Ausstellung, die dem Glas der Alchimisten gewidmet war. Zwischen 1670 und 1700 sei es zu einem Umbruch in der Glas-Technologie gekommen.

Ein neues, fehlerloses, farbloses und dickwandiges Kristallglas sei entstanden, die Voraussetzung für den barocken Glasschliff und Glasschnitt. Er erklärt: "Mich hat aber auch die Alchimie als Ausdruck einer Weltanschauung interessiert. Sie besorgte den Austausch zwischen Wissenschaft und Kunst."

Nach den ersten drei Tagen im Dienst hat er natürlich noch keine konkreten Pläne, aber immerhin einige Wünsche. Dazu gehört das Studioglas, das im Jahr 2012 hundert Jahre alt wird. Für den Spezialisten ferner Zeiten wäre dies eine große Herausforderung.

Auch eine Schau über das Glas des Mittelalters könne er sich vorstellen. Das sei eine große Chance für ihn, wo die Sammlung des Krefelders Karl Amendt als Leihgabe mit knapp 200 mittelalterlichen Gläsern betreut wird.

"Das ist ein Glück für Düsseldorf, denn es gibt nur noch ganz wenig mittelalterliches Glas. Wer sammelt das schon? Und wenn, gehört es zur Archäologie, darf nicht verkauft werden und kommt daher nicht auf den freien Markt." Noch in den 50er Jahren hätten die Käufer keine Skrupel gehabt.

Ein weiterer Wunsch sei eine Schau über den Historismus. Er sinniert "Wie modern ist eigentlich der Historismus?" Vielleicht ließe sich eine Ausstellung mit Gemälden kombinieren.

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