Dänischer Künstler TAL R: Kunst kommt aus dem Nichts

Die Retrospektive des dänischen Künstlers TAL R ist eine gelungene Persiflage auf die hehre Kunst.

Düsseldorf. TAL R (Rosenzweig), seit 2008 Professor in Düsseldorf, zeigt eine prächtige Retrospektive in der Kunsthalle am Grabbeplatz. Sie wechselt zwischen Persiflagen, Clownerien, scheinbar Naivem und Abgründigem.

Seine „Malerei“ bildet eine Ausnahme im Kunstgeschehen, denn sie besteht aus lauter wertlosem Zeug. Die Kunst müsse nicht aus der Kunstgeschichte, sondern aus dem Nichts entstehen, sagt er. Der Titel der Schau: „Mann über Bord“, als begebe er sich selbst in Gefahr.

Permanent treibt er die Malerei voran, aber selten mit dem Pinsel, eher mit dem Kleber. In höchster Höhe des Kinosaals hängt ein Strahlenbild in Gelb („Adieu Interessant“, 2005-8).

Wenn die Sonne aus dem Scheddach auf dessen Pailletten, Nagelkuppen und Glimmerplättchen fällt, wird aus der Collage eine himmlische Erscheinung. TAL R: „Es ist wie ein Perserteppich gearbeitet, richtig gewebt. Unter der Oberfläche sind 20 Schichten von Material zu entdecken.“

Ein blaues Bild aus der gleichen Serie hängt in Augenhöhe des Betrachters. Hier zeigt sich, wie TAL R’s Kunst in Überlagerungen entsteht. Er verwertet ein schwarzes Ehrenkreuz, Sternchen vom Kindergeburtstag oder eine kleine Tonmaske über einer erotischen Szene. Darüber klebt er blaue Streifen, und wieder darüber sticht er bunte Heftzwecken als Kreise oder Ovale in das Collagierte und spannt zwischen Haken und Ösen blaue Fäden. So ergibt sich ein vibrierendes Relief.

Seine Skulpturen entwickelt er aus viel Garn. Dadurch wirkt der Korpus transparent, man kann durch die Fäden hindurch ins Innere sehen und entdeckt etwa Fahrradteile. So ein gebasteltes Werk in hellem Gelb erinnert an einen Planeten, der aus sich heraus zu leuchten scheint. Viel scheinbarer Unfug ist da zu sehen, aber nichts Professorales.

Die „Schwiegermutter“ entpuppt sich als Penisfiguren in Wachs. Die lackierte „Lady“ erinnert an den Bauhauskünstler Oskar Schlemmer, wäre nicht der Hals aus einer Tröte und der Kugelkopf mit traurigem Blick. Lauter Persiflagen auf die hehre Kultur.

Doch die Schau zeigt auch böse Dinge auf Leinwand und Papier. „Der Maler ist nicht zu Hause“ wirkt zunächst lustig, wäre nicht der Rand aus Totenköpfen. In der Mitte des gekritzelten Wuselbildes sitzt Adolf Hitler mit Schnäuzer. Den Kopf senkt er auf ein Papier. Vor ihm steht eine bauchige Muse mit der Silhouette einer Bassgeige, die er abzeichnet. Was wäre, fragt sich der Betrachter, wenn dieser Hitler in der Kunst reüssiert hätte?

TAL R liebt das Rollenspiel. Stofffiguren wirken wie Verkleidungen, sind jedoch doppeldeutig. Eine Figur steht wie eine Schneiderpuppe, wirkt pompös wie eine Fruchtbarkeitsgöttin. Doch der Schalk im Künstler dekoriert ihr Haar mit Kronkorken.

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