Britischer Zeichner Ronald Searle gestorben

Hannover (dpa) - Seine Schulmädchen von St. Trinian's sind in England mindestens so berühmt wie Max und Moritz in Deutschland. Mit seinem vielfältigen Werk gilt Ronald Searle als einer der einflussreichsten Karikaturisten des 20. Jahrhunderts.

Wie am Dienstag bekanntwurde, starb der englische Künstler bereits am 30. Dezember in Südfrankreich, wo er seit 1977 lebte. In mehr als sieben Jahrzehnten schuf Searle mit seinen Illustrationen, Reportagezeichnungen, werbegrafischen Arbeiten und Animationsfilmen ein umfangreiches Lebenswerk.

„Er war ein sehr besonderer Mensch, ein geistreicher Gesprächspartner und Genießer. Champagner war sein engine oil“, erinnert sich Gisela Vetter-Liebenow. Die stellvertretende Direktorin des Museums Wilhelm Busch arbeitete über 20 Jahre lang mit Searle zusammen. Im Deutschen Museum für Karikatur und Zeichenkunst in Hannover befindet sich seit gut einem Jahr Searles Nachlass als Dauerleihgabe der Stiftung Niedersachsen.

Der Künstler mit dem typisch britischen Humor wurde 1920 in Cambridge geboren und veröffentlichte bereits als 15-Jähriger seine ersten Cartoons. Prägend waren für ihn die Erlebnisse als junger Soldat in japanischer Kriegsgefangenschaft während des Zweiten Weltkrieges. Zeichnen wurde für ihn im thailändischen Dschungel zur Überlebensstrategie.

„Mit den Schulmädchen von St. Trinian's ist er nach dem Krieg quasi über Nacht berühmt geworden“, erzählt die Freundin Vetter-Liebenow. Die Engländer liebten die Geschichten über die frechen Internatsschülerinnen. Sie wurden mehrmals verfilmt, unter anderem 2007 mit dem späteren Oscar-Preisträger Colin Firth und Rupert Everett in Hauptrollen. Lange war Searle nicht so gut auf sein Heimatland zu sprechen, weil er dort, wie er fand, auf den Schulmädchen-Schöpfer reduziert wurde. Dass er zu seinem 90. Geburtstag auch auf der Insel gefeiert wurde, versöhnte ihn.

1961 ging Searle nach Paris, hier heiratete er in zweiter Ehe die Künstlerin Monica Koinig-Stirling. Die französische Lebensart kam dem Künstler sehr entgegen. Ende der 70er zog das Paar in das kleine Dorf Tourtour in der Provence. Im Alter von 75 Jahren nahm Ronald Searle das Angebot der französischen Tageszeitung „Le Monde“ an und veröffentlichte dort 13 Jahre lang regelmäßig politische Karikaturen. „Diese über 200 Blätter stellen ein eindrucksvolles Spätwerk dar, in dem die Themen Krieg und Macht eine zentrale Rolle spielen“, sagt Vetter-Liebenow. Im Juli starb seine Frau Monica.

Das Museum Wilhelm Busch besitzt auch die wissenschaftliche Bibliothek des Künstlers zur Geschichte der Karikatur, seine Sammlung historischer Karikaturen sowie sein persönliches Archiv. Seinen Nachlass sah Searle am besten in Hannover aufgehoben. In der Sammlung befinden sich auch Searles Vorläufer wie William Hogarth oder Thomas Rowlandson.

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