Ausstellung: Musik, die Grenzen sprengt

Eine Schau in zwei Düsseldorfer Kunsthäusern ist dem Crossover der Band Sonic Youth und jungen Künstlern gewidmet.

Düsseldorf. Die 1981 in New York gegründete Gitarrenband Sonic Youth hat mit ihrem dissonanten und experimentellen Sound nicht allein musikalische Grenzen gesprengt.

Von Beginn ihrer Karriere an arbeiteten die Bandmitglieder über die Musik hinaus interdisziplinär mit zahlreichen bildenden Künstlern, Fotografen, Modedesignern, Filmemachern und Schriftstellern zusammen um die Geschichten ihrer Zeit von Rebellion, Hedonismus und Aufbruch zu erzählen.

In der Ausstellung "Sonic Youth etc. / Sensational Fix", die in der Düsseldorfer Kunsthalle und im KIT/Kunst im Tunnel gezeigt wird, macht eine große Zahl an Exponaten deutlich, wie vielseitig sich das künstlerische Schaffen der Bandmitglieder Kim Gordon, Thurston Moore, Lee Ranaldo und Steve Shelley über die Jahrzehnte entwickelt hat.

Im Mittelpunkt ihrer Arbeit stand stets der "sense of community", der Geist der Gemeinschaft, wie Gitarrist Lee Ranaldo deutlich macht. Die Bandmitglieder waren immer Teil einer, subkulturellen Kunst- und Clubszene, die sich gegenseitig inspirierte.

Für den niederländischen Kurator der Ausstellung, Roland Groeneboom, lag es nahe, die Kunsthalle Düsseldorf für die Schau anzusprechen, da hier schon 2002 mit der Punk-Ausstellung "Zurück zum Beton" eine Verbindung zwischen Kunst und Musik gelungen war.

Ausstellungen zum Crossover von Musik und Bildkunst beginnen mit Musikinstrumenten und Fotos der Protagonisten. Das ist auch bei Sonic Youth in der Kunsthalle so. Anschließend wird der Besucher an leicht vergilbten Plattencovern (mit Gerhard Richter-Kerze) und Plakaten vorbeigeführt. Wer Glück hat, entdeckt eine ins Mikrophon bellende Figur von Simpsons-Schöpfer Matt Groening.

Im Seitenlichtsaal bittet David Markley auf Hunderte alter Schallplatten mit bunten Labels. Wer richtig auftritt, vernimmt das quietschende Geräusch seiner Schuhsohlen. Im Kinosaal projiziert Tony Oursler lebensgroße Musiker auf Plexiglasscheiben, so dass man die Helden hautnah neben sich hat. In der Galerie heitert Pop-Diva Isa Genzken die verstaubte Atmosphäre durch bunte Folien und Collagen dekorativ auf.

Da die Anzahl der Exponate aus dem Besitz der Band, wie Poster, Plattencover, Flyer, Instrumente und zahllose Fotos, sowie die Arbeiten befreundeter Künstler schier den Rahmen sprengten, entschied man sich, einen Teil der Werke parallel im KIT zu zeigen.

Dort lebt das Crossover. Gedichtbände und Fotos des Beat-Schöpfers Allen Ginsberg lassen sich bewundern. William Burroughs erscheint einerseits als Nobelmann im Trenchcoat vor Allens Kamera. Ein paar Schritte weiter ballert er im Video mit Schrotflinte auf Sperrholz. Das Ergebnis hängt wie ein surreales Fundstück vis à vis.

In einem Zelt, Teil der Installation "Club in the Shadows", laden Sängerin Kim Gordon und Künstlerin Jutta Koether zum "Reverse Karaoke" ein. Bei diesem Workshop in dem mit Schlagzeug, Bass, Gitarre und Mischpult voll ausgestatteten Zelt, werden Musiker nach Anmeldung zu einer Jam-Session mit Gordon eingeladen. Den Mitschnitt gibt es später auf CD.

Eine unalltägliche Ruhepause gönnt der Musik-Minimalist Tony Conrad dem Gast. Er hängt eine Bank an vier Stahlseilen auf. Wer dort sitzt und an den Seilen zupft, vernimmt über Lautverstärker ein eigenartiges Quartett.

Auch hier dienen Schallplatten dem optischen Vergnügen. Michael Morley ließ auf rotierende Scheiben ungemischte Farben tropfen und erzeugt ein abstraktes Form- und Farbspiel. Ein anderer Höhepunkt sind die Erzählungen von Raymond Pettibon, der etwa einen Jungen vor dem Schlafengehen zu Gott beten lässt, damit er ihm einen neuen Namen gibt. Den Abgesang macht William Sasnal mit einem verschwitzten T-Shirt, das aussieht wie informelle Malerei.

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