Ausstellung in Krefeld: Die Geschichte der Formensprache

Werkbund: Das Kaiser-Wilhelm-Museum Krefeld feiert die vor 100 Jahren gegründete Organisation mit der Schau „Cut Out“.

Krefeld. An diesem Jubiläum kommt das Kaiser-Wilhelm-Museum in Krefeld nicht vorbei: Der Deutsche Werkbund wird hundert Jahre alt. Damals gehörte der erste Direktor des Hauses, Friedrich Deneken, zu den Mitbegründern. Der Werkbund ist bis heute wirksam. Außerdem befindet sich das wichtigste Instrument des alten Werkbundes, die Vorbildersammlung des "Deutschen Museums für Kunst in Handel und Gewerbe" von Karl Ernst Osthaus seit 1924 größtenteils hier.

Es war der miefige Plüsch der wilhelminischen Zeit, das mit Damast und Troddeln verhangene und mit Devotionalien vollgestopfte Ambiente der bürgerlichen Wohnkultur, das nach einer neuen künstlerischen, geschmacklichen Formensprache schrie. Qualitätssteigerung in jeglicher Hinsicht war gefragt. Damit wollte dann auch die aufblühende Industrie neue Absatzmärkte in aller Welt erobern. Letztlich ging es, in einem noch ersten zaghaften Ansatz, auch um gesellschaftliche Reformen. Der Krefelder Deneken, Peter Behrens aus Düsseldorf, der Hagener Osthaus als Mäzen, sie sammelten Künstler um sich, um den Alltag neu zu gestalten.

In der kleinen aber feinen Krefelder Schau "Cut Out" hat Sabine Röder vier Räume bestückt. Vor allem die kleine Plakat-Präsentation überwältigt das Auge. Da sieht man die wunderbar farbige Kamelherde mit dem Europäer im Tropenhelm, der für Naturfäden wirbt. Das Schuhaus Stiller stellt einen schwarzen Damenschuh auf olivgrünen Hintergrund, daneben blaue Buchstaben. Eine elegante Dame mit Straußenfeder am Hut, die sich von "Rotkäppchen"-Flaschen umschmeicheln lässt, wird noch von heutigen Designern ausgebeutet, während der etwas verlebte Herr mit Schal, Zylinder und Monokel, wie (un?)passend, für Zigaretten wirbt. Lucian Bernhard, Hans Rudi Erdt und Ludwig Hohlwein gehören zu diesen frühen Produkt-Designern.

Erstaunlich ist die Fotosammlung über "Moderne Baukunst". Die Architekten des Werkbundes entwarfen, gegen das historistische Formenvokabular, neben Häusern etwa für die Arbeiterschaft alle Dinge des täglichen Lebens neu und zweckbestimmt.So manchem Düsseldorfer müssten Tränen in die Augen schießen, wenn er das einstige Innere des Kaufhauses Tietz mit den lichten Innenhöfen oder die wie ein Basar eingerichtete Teppichabteilung sähe.

Die Schau "Cut Out" soll der Auftakt mehrerer Präsentationen kaum gezeigter Teile der vielfältigen Sammlung des Museums. Leider konnte kein Katalog aufgelegt werden. Allerdings gibt es noch Restexemplare eines großen Katalogs "Das Schöne und der Alltag" anlässlich einer Werkbundschau vor zehn Jahren.

Eröffnung Sonntag, 12.30 Uhr, vorerst unbefristet, di-so 11-17 Uhr, Telefon 02151/97 55 80

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