Lehmbruck-Museum Hommage an Joseph Beuys zum 30. Todestag

Im Lehmbruck-Museum sucht Danica Dakić in Ton und Schrift nach der Zukunft der Skulptur.

Lehmbruck-Museum: Hommage an Joseph Beuys zum 30. Todestag
Foto: Egbert Trogemann

Duisburg. Am 23. Januar 1986 ist Joseph Beuys in Düsseldorf gestorben, elf Tage nach seiner legendären Dankesrede zum Wilhelm-Lehmbruck-Preis. Die Rede, eine Hommage an Wilhelm Lehmbruck, wurde zu seinem Vermächtnis. Sie endete mit den Worten: „Schütze die Flamme. Denn schützt man die Flamme nicht, ach, eh man’s erachtet, löscht leicht der Wind das Licht.“ Die Düsseldorfer Künstlerin Danica Dakić, die mit ihrer Medieninstallation auf der Documenta12 international bekannt wurde, greift die Flamme auf und fragt ihrerseits in der Glashalle des Duisburger Museums nach der Skulptur der Zukunft.

Die Halle bleibt leer. Zu sehen sind nur Zitate der Beuys- Rede als Bodenzeichnung. In 300 Worten mäandriert die Schrift in verschiedenen Schleifen auf dem Marmorboden. „Alles ist Skulptur“, heißt es bei Beuys wie nun auf dem Boden. Als 17-Jähriger hatte er 1938 zufällig ein Heftchen mit dem Foto einer Lehmbruck- Skulptur in die Hände bekommen. Wie ein Blitz schoss ihm die Grundidee zur Erneuerung der sozialen Plastik durch den Kopf: „Wieso konnte also ein Toter mich so etwas lehren, etwas Entscheidendes für mein Leben festzulegen“, fragte er in seiner Rede, die die Nachgeborene zitiert.

Der Untergrund ist Marmor, der nicht angegriffen werden durfte. Gemeinsam mit der jungen Gastkünstlerin Natsumi Sugyyama entwickelte Danica Dakić eine behutsame wie fragile Technik, um mit Knochenleim und Pigmenten Bruchstücke einer großen Konfession auf dem Boden aufzutragen. Am 3. März wird ein weiterer Gastkünstler, Visili Machardadze, eine Performance entwickeln. Den jungen Künstlern wie Dakić selbst geht es um das „seelische Material“ einer Skulptur.

Neben dem Sichtbaren erfüllt eine Sound-Arbeit die Glashalle des Museums. Die Kunstvermittlerin Sybille Kastner stellte Kontakte zu verschiedenen Menschen aus Duisburg her. Sie gehören zu verschiedenen Generationen und sozialen Schichten, sie haben sehr unterschiedliche Zugänge zu Kunst, aber sie alle sind mit dem Museum verbunden.

Die Stimmen dieser Menschen wie auch Zitate aus Briefen von Lehmbruck, die ebenfalls Teil der Sound-Arbeit sind, kreisen um die Kunst. Es entstehen Assoziationen und Überlappungen. Das Ganze wirkt wie ein Billardspiel, wo die Sätze aneinanderschlagen, abprallen und in neue Richtungen führen. „Wenn man über die soziale Skulptur nachdenkt, muss man sich fragen, wie man mit diesem Erbe umgeht, wie man es wieder lebendig werden lässt“, sagt Danica Dakić im Gespräch. Ihre Arbeit nennt sie daher „Missing Sculpture“.

Die Arbeit entstand in intensiver Zusammenarbeit mit dem Kameramann Egbert Trogemann, mit dem Dakić auch eine foto- und videografische Dokumentation schuf, dem Komponisten Bojan Vuletić, mit dem sie die Stimmen zu einer musikalischen Komposition zusammenführte, sowie mit den Beteiligten aus Duisburg, den Künstlergästen und der Kunstvermittlung des Museums. Nun sind die Besucher aufgefordert, in der Halle selbst die labyrinthischen Spuren zu verfolgen. Auf der Suche nach der Verbindung zwischen Kunst, Geschichte und Leben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Liebe und Hass in der Vorstadt
Peter Kurth und Peter Schneider ermitteln im „Polizeiruf“ nach einem Kindsmord in Halle/Saale Liebe und Hass in der Vorstadt
Zum Thema
Aus dem Ressort