Gasometer Oberhausen: Christo verpackt die Luft

Der US-Künstler füllt den Gasometer Oberhausen mit einer riesigen Hülle und schafft eine Kathedrale aus Licht.

Oberhausen. Christo hat wieder das Wunder geschafft. Der 77-Jährige arbeitet am liebsten in gigantischen Ausmaßen: 94 Meter hoch und 54 Meter breit ist sein „Big Air Package“, das ab heute im Gasometer Oberhausen zu besichtigen ist. Das Luftpaket besteht aus 20 350 Quadratmetern milchweißem Kunstfaser-Stoff und aus 600 Bahnen zusammengenäht hat. Das Gewebe umschließt 177 000 Kubikmeter Luft, was 400 Einfamilienhäusern entspricht.

Bei diesen Zahlen purzeln die Rekorde: Das Luftpaket ist das größte aufblasbare Objekt aller Zeiten, das ohne Gerüst steht, und es ist die erste Luftskulptur, in die man hineingehen kann. Bevor die Superlative einen erschlagen, steht man vor der Sache selbst — etwas Zartem, Zerbrechlichem, Zauberhaftem.

Innen empfängt die Besucher eine Kathedrale aus Licht, ein Raum nicht von dieser Welt, man erwartet fast einen sphärischen Chor. Stattdessen ist es unerwartet ruhig, klingen alle Geräusche gedämpft in diesem riesigen Hohlkörper. Man möchte sich zurücklehnen und die Gedanken treiben lassen.

Voll wird es nie, denn es dürfen nur 250 Besucher gleichzeitig ins Innere. Bei größerem Andrang kann man sich die Wartezeit jenseits der luftdichten Türen mit der sehenswerten Retrospektive von Christos früheren Projekte vertreiben.

Christo

Es ist das erste Objekt, dass Christo ohne seine 2009 verstorbene Frau realisiert hat. „Ich bedaure, dass Jeanne-Claude das nicht erlebt,“ sagte er gestern als erstes bei der Pressekonferenz. „Aber sie ist immer immer bei uns.“

Christos Objekte sind meist nur zwei Wochen zu sehen. Das Big Air Package füllt jedoch bis Ende Dezember den Gasometer. „Das ist ja kein Projekt, sondern eine Museums-Installation“, sagt Wolfgang Volz. Der Düsseldorfer (65) ist seit 1972 Christos Exklusiv-Fotograf und in Oberhausen Projektleiter. Die bisherigen, bis zu 26 Millionen Dollar (etwa 20 Millionen Euro) teuren Landschaftarbeiten haben Christo und Jeanne-Claude stets selbst finanziert, ihr Besuch war kostenlos.

Diese Skulptur hat er jedoch auf Einladung der Gasometer-GmbH geschaffen. 1,4 Millionen Euro hat alles gekostet, sagt die Geschäftsführerin Jeanette Schmitz. 350 000 zahlende Besucher müssen kommen, damit sich die Sache trägt. Sie ist allerdings zuversichtlich, denn bei Christos erster Arbeit im Gasometer kamen in fünf Monaten 390 000 Besucher. 1999 hatte er den Tank durch 13 000 bunte Ölfässer getrennt. Obwohl der Künstler gegen seine Gewohnheit an einen bekannten Wirkungsort zurückkehrt, sagt er: „Wir machen kein Kunstwerk zweimal. Ich werde keine Brücke mehr einpacken, keine Insel mehr umkleiden, keine Schirme mehr aufstellen.“ Weitere Bilder unter

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