"The Help": Als Rassismus salonfähig war

„The Help“ verleiht den schwarzen Dienstmädchen im Amerika der 60er Jahre ein Gesicht.

Düsseldorf. „Ich bin ein Dienstmädchen”, erklärt Aibileen (Viola Davis). „Genauso wie meine Mutter. Meine Großmutter war eine Haussklavin.“ Jackson, Mississippi, in den frühen 1960er Jahren: Gerade einmal drei Generationen ist es her, dass in den amerikanischen Südstaaten die Sklaverei abgeschafft wurde. Für viele afroamerikanische Frauen hat sich seitdem im Grunde nur wenig verändert. Die meisten von ihnen arbeiten für einen Hungerlohn als Dienstmädchen in den Häusern der weißen Oberschicht. Sie kochen, putzen, kümmern sich um die Kinder und haben oft ein engeres Verhältnis zu ihnen als deren Eltern.

Siebzehn Kinder hat Aibileen schon groß gezogen. Auch ihre derzeitige Arbeitgeberin Elisabeth (Ahna O’Reilly) hat sie als kleines Mädchen im Arm gehalten, aber die Vertrautheit ist längst einer klassenbewussten Distanz gewichen, mit der die gutsituierte Südstaatlerin ihre schwarze Hausangestellte tagtäglich befehligt.

Die jungen Ehefrauen der Oberschicht leben ein von beruflichen und hauswirtschaftlichen Pflichten weitgehend befreites Leben zwischen Kaffeekränzchen und Cocktailpartys. Nach dem Studium kehrt Skeeter (Emma Stone) nach Jackson zurück und träumt davon, Schriftstellerin zu werden. Für die Lokalzeitung soll sie eine Hausfrauenkolumne mit aktuellen Putztipps verfassen, bittet Aibileen dabei um Hilfe und stellt bald fest, dass die Hausangestellte ihrer Freundin sehr viel interessantere Geschichten zu erzählen hat. Skeeter beschließt, ein Buch über die afroamerikanischen Dienstmädchen zu schreiben und zieht damit nicht nur den Argwohn ihrer Freundinnen auf sich, sondern verstößt auch gegen die Rassentrennungsgesetze des Staates Mississippi.

Mit „The Help“ verfilmt Regisseur Tate Taylor den gleichnamigen Roman von Kathryn Stockett, der mehr als zwei Jahre auf der Bestseller-Liste der „New York Times“ verzeichnet war und aus sicherem historischen Abstand heraus das Thema Rassentrennung populärliterarisch aufarbeitete. Im Zentrum der Betrachtung stehen die beiden voneinander getrennten Welten der schwarzen Dienstmädchen und der weißen Südstaatenoberschicht, die Tag für Tag in der Intimität eines privaten Haushaltes aufeinanderstoßen.

Mit Empathie und Humor erzählt der Film aus dem Leben der Hausangestellten, die faktisch längst Teil der Familie geworden sind und doch immer wieder deutlich in ihre Grenzen verwiesen werden. „The Help“ bietet ein klares Bild von den tagtäglichen Verletzungen, die aus diesem rassistischen Abhängigkeitsverhältnis entstehen.

Bei aller Parteinahme verfällt der Film nicht in schematische Charakterisierungen. Jede Figur im Arsenal der privilegierten Frauenclique wurde mit feinem Strich gezeichnet und von Sissy Spacek als hellsichtig-debile Großmutter bis hin zu der fabelhaften Jessica Chestain in der Rolle der Außenseiterin hervorragend besetzt.

Aber eigentlich gehört die Leinwand Viola Davis, die der Rolle der Aibileen eine unglaubliche Tiefe verleiht und allein mit ihren Augen ganze Lebensgeschichten erzählen kann. Würde und Verletzlichkeit, Verachtung und Zuneigung, Verbitterung und Lebenswille sind in ihrem Spiel nur einen Lidschlag voneinander entfernt.

In den USA wurde „The Help“ im Spätsommer zum Überraschungserfolg (siehe Kasten). Drei Wochen ließ sich der Film nicht von der Spitze der Kinocharts vertreiben. Für solch eine Produktion ein Ausnahmefall.

Wertung: Fünf von fünf WZ-Punkten

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