Tatort-Kritik Tatort aus Kiel: Ist Borowski ein Hutbürger?

Borowskis neuster Fall ist trotz Séancen und Geistern ein erschreckend unspektakulärer Krimi. Der große Knall kommt erst ganz am Schluss.

Tatort-Kritik: Tatort aus Kiel: Ist Borowski ein Hutbürger?
Foto: Christine Schroeder/NDR/dpa

Zugegeben — der neue Tatort aus Kiel ist nicht wirklich schlecht, aber leider auch nicht wirklich gut. Für die einzige diskussionswürdige Szene muss der Zuschauer bis zum Schluss ausharren.

Aber vorher gerät Borowski in „das Haus der Geister“. Was nach einem der oft gescholtenen Tatort-Experimente klingt, ist leider alles andere als das. Kein improvisierter Echtzeit Horrorfilm. Kein Mundart-Krimi in einer Einstellung. Nein, Borowskis neuster Fall ist trotz Séancen und Geistern ein erschreckend unspektakulärer Krimi.

Aufhänger für den Fall ist ein Brief von Borowskis Patenkind Grete. Vor vier Jahren verschwand Heike Voigt. Sie war die Frau eines seiner Freunde und Gretes und Sinjas Mutter. Ihr Ehemann Frank Voigt wurde damals verdächtigt und aus Mangel an Beweisen freigesprochen. In dem Brief bittet Grete ihren Onkel Klaus um Hilfe. Sie lebt mit ihrer Schwester Sinja, ihrem Vater Frank und dessen neuer Partnerin Anna in einer Villa auf dem Land.

"Onkel" Borowki macht sich rein privat auf den Weg und gerät unmittelbar in einen neuen alten Fall. Schnell rollt er den Fall mit neuen Indizien auf und gerät dabei immer wieder in Konfikt mit seiner eigenen persönlichen Befangenheit und seiner Vergangenheit.

 Mila Sahin (Almila Bagriacik) nimmt sich den Ermittlungen im Fall der Familie Voigt an. Borowski (Axel Milberg) und Schladitz (Thomas Kügel) sind beeindruckt von der neuen Kollegin. Ganz links im Bild: Walter.

Mila Sahin (Almila Bagriacik) nimmt sich den Ermittlungen im Fall der Familie Voigt an. Borowski (Axel Milberg) und Schladitz (Thomas Kügel) sind beeindruckt von der neuen Kollegin. Ganz links im Bild: Walter.

Foto: Christine Schroeder

"Das Haus der Geister" ist zwar gut und dicht erzählt, aber kann kaum überraschen. Auch eine spontan einberufene Séance, die tote Geister beschwören soll, kann da nicht helfen. Die spiritistische Sitzung führt nicht zum erhofften Ziel. Weder Borowski, noch den Zuschauer. Ein kleiner Lichtblick ist die neue Kollegin Mila Sahin. Sie zieht mit Walter in ihr neues Büro ein. Walter ist ein Boxsack und bringt wenigstens etwas Witz in diese 90 minütige Familiendrama.

Borowski wird von den Drehbuchautoren in einen hoch emotionalen Fall geschickt. Er ermittelt im Kreis seiner Familie und Freunde. Seine Ex-Frau, seine Patenkinder und ehemalige Freunde, stehen im Fadenkreuz der Ermittlungen. Diese sind aber leider für den Zuschauer nicht sehr spannend. Sinja Voigt verhält sich durchgehend auffällig, ist immer zuerst am Tatort und immer sehr an den aktuellen Ermittlungserfolgen interessiert. Ihre Täterschaft kommt nicht mehr unerwartet.

Überraschender ist da Borowskis Reaktion: Er schlägt zu. Sinja Voigt bekommt eine schallende Ohrfeige von "Onkel" Borowski, als sie den Selbstmordversuch ihrer Stiefmutter bewusst nicht unterbindet.

Diese Affekthandlung soll den Kommissar wahrscheinlich besonders menschlich wirken lassen. Sie zeugt aber in erster Linie von beruflicher Unprofessionalität, wie man sie sonst nur von behüteten Chemnitzer LKA-Beamten kennt.

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