Thriller: „96 Hours“ - Ein Folterknecht in Paris

Dieser Streifen ist brachiale Action von der Stange, die in der Hauptrolle mit Edel-Mime Liam Neeson überrascht.

Düsseldorf. Sprechen wir zunächst über Luc Besson, der sich langsam aber sicher zum Konsalik des französischen Kinos mausert. Als Regisseur einst für seine Bildgewalt und seine gewagte Haltung gerühmt, sensible Stoffe in brachialen Action-Krawumms zu packen (Léon - Der Profi"), liegt das Hauptaugenmerk des bald 50-jährigen Parisers mittlerweile auf der Fließbandproduktion stromlinienförmiger Genre-Possen.

Er schreibt und produziert die hanebüchenen "Taxi"- und "Transporter"-Reihen, dreht Werbespots und Video-Clips (unter anderem "Love Profusion" von Madonna) und ist darüber hinaus mit seiner Kinderbuchreihe "Arthur und die Minimoys" als Autor in Frankreich ähnlich erfolgreich wie Joanne K. Rowling weltweit.

Über einen neuen Film aus seiner Produktionsschmiede mehr als zwanzig Worte zu verlieren, erscheint angesichts dieses seelenlosen Outputs müßig. Erst recht, weil die Handlung seiner Action-Kracher so sehr von der Stange kommt, dass man, wenn man tatsächlich mehrere von ihnen gesehen hat, nicht mehr genau sagen kann, welche Schießerei jetzt in welchem Film stattgefunden hat.

Bemerkenswert an "96 Hours", seinem neuesten Streifen, ist dann schon eher die Besetzung. Normalerweise spielen wehrhafte Models und kantige Action-Schönlinge wie Jason Statham die eindimensionalen Weltenretter, als seien sie dem Traum eines Jungen entsprungen, für den die Playstation die Bibliothek des 21. Jahrhunderts darstellt. Diesmal allerdings ist mit Liam Neeson ein echter Charaktermime am Werk, muskelbepackt, wie man ihn seit "Rob Roy" nicht mehr gesehen hat, und das ist schon 15 Jahre her.

Bryan Mills heißt er für seinen Ausflug in die Welt von reaktionären Gewaltfantasien und mühsam zusammen gedampften Storylines. Irgendwann muss er mal so was wie der James Bond seines Berufsstandes gewesen sein, jetzt allerdings arbeitet der Ex-Agent als Personenschützer, weil: erstens zu alt und zweitens privat am Ende. Seine Frau (Famke Janssen) ist ihm mitsamt Tochter Kim (Maggie Grace, "Lost") irgendwann weggerannt, weil ihr sein Beruf zu riskant war.

Irgendwie passt diese Rolle zu Neeson, der Sanft- und Grobheit stets zu vereinen wusste. Und dann irgendwie auch wieder nicht, weil der austauschbar gestrickte Stoff einem Klasseschauspieler wie ihm rein gar nichts abverlangt, was seine Teilnahme rechtfertigen würde. Stattdessen jagt er in Paris den Entführern seiner Tochter hinterher, die das hysterische Gör an arabische Mädchenhändler verhökern wollen.

Um an sein Ziel zu kommen, bedient er sich einer erschreckend fantasiereichen Palette an Foltermethoden, die selbst den "24"-Superspion Jack Bauer blass aussehen lassen würden. Höllenqualen in Großaufnahme, aber für die gute Sache, versteht sich.

Die Rechnung, einfach mal einen namhafteren Star den Explosions-Parcours durchlaufen zu lassen, ging auf. In Korea und Großbritannien war "96 Hours" bereits ein Hit, in den USA startete der Film vor drei Wochen weit über seinen Erwartungen.

Wertung: zwei von fünf Punkten

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