Sozialkomödie: Eine verrückte Freundschaft

In Frankreich wurden Philippe und Driss zum Kinohit des Jahres 2011: „Ziemlich beste Freunde“.

Wenn sich Dinge schwer erklären lassen, werden sie gern zu einem Phänomen. So wie „Ziemlich beste Freunde“: In Frankreich redet keiner mehr von einem Film, sondern nur noch von einem „phénomène“. Die Geschichte einer Freundschaft zwischen einem querschnittsgelähmten Aristokraten und seinem vorbestraften, frech-dreisten Pfleger ist mit mehr als 15 Millionen Zuschauern Frankreichs erfolgreichster Film 2011. Ein Erfolg, der ebenso unwahrscheinlich und verrückt ist wie die Geschichte selbst.

Die Unterschiede zwischen den beiden sind gewaltig: Philippe (François Cluzet) ist reich, kultiviert und sitzt seit einem Unfall im Rollstuhl. Driss (Omar Sy) kommt frisch aus dem Gefängnis. Der dunkelhäutige Sozialhilfeempfänger ist ein Großmaul und bewirbt sich widerwillig um die Stelle als Pfleger. Doch Philippe gefällt dessen offene und unbekümmerte Art, trotz der Warnungen seiner Freunde und Familienangehörigen engagiert er ihn. Der Job ist der Beginn einer unglaublichen Freundschaft.

Allerdings knüpft die Sozialkomödie tatsächlich an eine wahre Geschichte an, die des 1993 nach einem Gleitschirmunfall vom Hals abwärts gelähmten Philippe Pozzo di Borgo und des damals 20-jährigen, frisch aus dem Gefängnis entlassenen Franzosen algerischen Ursprungs Abdel Sellou.

Der Film von Eric Toledano und Olivier Nakache hat mit seiner guten Laune und seiner positiven Einstellung chartverdächtige Werke wie „Twilight 4“, „Tim und Struppi“ und den Filmpreis-Favoriten „The Artist“ weit hinter sich gelassen. In nur wenigen Wochen wurde er in Frankreich zum meistgesehenen Film des Jahres. Demnächst soll er in rund 40 Ländern in die Kinos kommen, ab März auch in den USA.

Soziologen und Philosophen haben über den Erfolg der Sozialkomödie ausgiebig diskutiert. Ihre Analyse: ein Gute-Laune-Film in Krisenzeiten, ein soziales Märchen, das die Franzosen an 1998 erinnert, als Frankreich seine multikulturelle Fußball-WM-Mannschaft bejubelte.

Die Botschaft des Films, wie leicht und locker sich soziale und kulturelle Unterschiede überbrücken lassen, wird auch gerade deshalb so begeistert aufgenommen, weil die Kluft in der gesellschaftlichen Realität immer tiefer wird.

Aber diese weltfremde Über-Versöhnlichkeit wird ebenso wie in Philippe Le Guays Film „Nur für Personal“ so charmant und in so pointierten Dialogen transportiert, dass man fast vergisst, sich darüber zu ärgern. Die Regisseure spielen ungeniert mit Kontrasten und Klischees, ohne dabei ins Lächerliche abzugleiten. Dazu kommt die exzellente Leistung von François Cluzet („Kleine wahre Lügen“) und dem Newcomer Omar Sy.

Den Filmemachern gelingt eine Sozialkomödie, die in feiner Balance ebenso berührt wie erfrischtes Lachen provoziert.

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